zum Hauptinhalt
Barbara Brecht-Schall.

© dpa

Zum Tod von Barbara Brecht-Schall: Die Tochter des Baal

Barbara Brecht-Schall sah ihre Lebensaufgabe darin, über das Werk ihres Vaters Bertolt Brecht zu wachen. Ihre Rolle trug sie mit Stolz - den schlechten Ruf, eine Verhinderin zu sein auch. Jetzt ist sie gestorben.

Berühmt war ihre Backkunst. „Die Direktion freute sich Jahr für Jahr auf den selbstgebackenen Weihnachtsstollen von Barbara Brecht-Schall“, rief ihr Claus Peymann in einer Mitteilung des Berliner Ensembles nach. Das war einmal ihr Theater gewesen, mit dem BE verbindet sich ihr Name – der Name ihres Vaters Bertolt Brecht und der ihres Mannes, des Brecht-Schauspielers Ekkehard Schall. Ihre Mutter hieß Helene Weigel. Ihre Tochter ist die Regisseurin Johanna Schall. Deutscher Theateradel, zweifellos. Am Montagabend ist Barbara Brecht-Schall im Alter in Berlin gestorben. Sie wurde 84 Jahre alt.

Claus Peymann, der Direktor des BE und selbst ein knochiger Traditionalist, liegt in seiner Charakterisierung der berühmten Tochter nicht falsch: „Als Wahrerin und Hüterin des Erbes ihres Vaters war Barbara Brecht-Schall eine konsequente und mutige, oft schwierige Verhandlungspartnerin. Ihre Härte und Unerbittlichkeit, aber auch ihr Herz waren berühmt-berüchtigt. Sie schützte und verteidigte – eine wahre Jeanne d’Arc des Theaters – das Werk ihres Vaters, eines der bedeutendsten Dramatiker der Moderne.“

Hoch her ging es zuletzt wegen Castorfs "Baal"-Inszenierung

Netter kann man es nicht sagen. Sie hat eine bestimmte Auffassung von Theater bewahrt. Und fast alles stur blockiert, was dem zuwiderlief, sofern es das Werk Bertolt Brechts betraf. Noch zuletzt ist es hoch her gegangen, in der Auseinandersetzung um die Münchner „Baal“-Inszenierung von Frank Castorf. Die Brecht-Erben und der Suhrkamp Verlag waren siegreich vor Gericht. Die Aufführung, die so frei mit dem Text umsprang, wie der junge Brecht es mit seinen Quellen getan hatte, durfte noch einmal am Residenztheater und dann ein allerletztes Mal beim Theatertreffen in Berlin gezeigt werden.

Dank des Urheberrechts können Erben bis 70 Jahre nach dem Tod des Erblassers – in Brechts Fall also bis 2026 – Ja sagen oder eben Nein. So traf es mal Benno Besson oder Hansgünther Heyme, auch Einar Schleef, als sie mit Brecht-Stücken Dinge tun wollten, die der Tochter nicht gefielen. Sonst schimpft man in diesen Fällen immer auf die Witwen. Hier wachte die nächste Generation. 1981 schrieb Benjamin Henrichs in der „Zeit“, es klinge wie ein reaktionärer Witz, aber es sei hier nun einmal so, „daß von allen Kapitalisten die Kommunisten die schlimmsten sind.“ Mit Brecht-Tantiemen lässt es sich schon leben.

Barbara Brecht-Schall trug ihre Rolle mit Stolz

Barbara Brecht-Schall war auch einmal Schauspielerin, sie gehörte zur BE-Familie und trug ihre Rolle mit Stolz – den schlechten Ruf, eine Verhinderin zu sein. Heute gibt es wieder Leute, die Stücke lieber in ihrer Textgestalt sehen als in der freien Fantasieform eines Regisseurs. Nur: Das müssen Theaterleute entscheiden, wie sie zu Brecht finden, mit ihm umgehen. So wie er umgegangen ist mit anderen zu seiner Zeit. Wenn Erben mit Argusaugen wachen, riecht es nach Willkür und gestrigem Mief; auch bei Kurt Weill gibt es Probleme mit den Rechte-Habern. Barbara Brecht-Schall sah darin ihre Lebensaufgabe: Brecht zu bewahren als Standbild. Eine doch eher traurige Berühmtheit.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false