zum Hauptinhalt
Vorbild London.

© AFP

Nach Londoner Vorbild: Eine Gondelbahn nach Tegel

Die Entwickler für die Flughafen-Nachnutzung wollen das künftige Forschungsviertel besser anschließen. Eine U-Bahn wäre zu teuer – aber der Blick nach London zeigt, dass es eine günstigere Möglichkeit gäbe. Bekommt Tegel eine Gondelbahn?

Das Gesetz gibt es schon – nun könnte es auch angewendet werden. 2003 hat der Senat auf Druck der EU ein Seilbahngesetz erlassen. Jetzt schwebt den Planern für die Nachnutzung des Flughafens Tegel vor, das Areal tatsächlich mit einer Seilbahn zu erschließen. Vorbild ist die erst vor kurzem eröffnete Anlage in London.

Auch eine Magnetbahn auf Stelzen, wie sie einst schon einmal am Potsdamer Platz entlangglitt, ist für die Planer denkbar. Am Verkehrskonzept wird derzeit gearbeitet. Geht alles gut, könnten auf dem jetzigen Flughafengelände bis 2030 fast 30 000 Arbeitsplätze entstehen, die sich vorwiegend mit der „Stadt von morgen“ beschäftigen sollen, ergänzt durch Bereiche der Beuth-Hochschule.

Für Philipp Bouteiller, den Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH, ist klar: „Eine Anbindung des Geländes nur mit dem Bus ist zu unattraktiv, um Investoren gewinnen zu können.“ Der Bau einer U-Bahn, wie sie einst für den Flughafen vorgesehen war, sei aber zu teuer. Auch ein Anschluss ans Netz der S-Bahn komme deshalb nicht infrage.

Aber eine Seilbahn, bei der die Fahrgäste in geschlossenen Kabinen zu ihren Arbeits- und Studienplätzen schweben. Die Seilbahn könnte nach Bouteillers Vorstellungen den Bahnhof Jungfernheide – wo U- und S-Bahnen halten – mit dem Tegeler Gelände verbinden.

Dabei könnten die Kabinen über der Trasse schweben, die früher für die U-Bahn vorgesehen war. Beim Bau des Bahnhofs Jungfernheide für die U 7 nach Spandau war bereits eine Umsteigemöglichkeit zur geplanten Verlängerung der U 5 nach Tegel mitgebaut worden. Die Station erhielt zwei übereinander angeordnete Bahnsteige. Hier hätten die Züge der U 5 zum Flughafen und der U 7 nach Spandau sowie Richtung Turmstraße und Rudow nebeneinander halten sollen – zum bequemen Umsteigen.

Dazu ist es nicht gekommen. In einem für die U 5 mitgebauten Tunnel unter dem Westhafenkanal übt heute die Feuerwehr.

Bildergalerie: Vorbild London - dort gibt es bereits eine Gondelbahn

Am Flughafen gibt es dagegen keine Vorleistungen für die U-Bahn. Ein Bahnhof war erst mit dem Bau eines weiteren Terminals vorgesehen. Die U-Bahn sollte unter diesem zweiten sechseckigen Gebäude halten, dessen Bau der Architekt Meinhard von Gerkan mit seinem Büro von Anfang an geplant hatte. Auch dazu ist es nicht gekommen; der Flughafen wurde mit Provisorien erweitert.

Ganz billig wäre allerdings auch eine Seilbahn nicht zu haben. Die rund einen Kilometer lange Anlage in London, die ein Messegelände mit dem Millennium-Dome, einer modernen Veranstaltungshalle, verbindet und über die Themse führt, hat rund 75 Millionen Euro gekostet. Sie klettert allerdings auch auf eine Höhe von 91 Meter, was den Bau verteuert hat.

Zum Vergleich: Die knapp 900 Meter lange Seilbahn in Koblenz, die zur dortigen Bundesgartenschau 2011 gebaut worden ist, war für rund zwölf Millionen Euro zu haben. Sie führt über den Rhein, was den Bau kompliziert gemacht hat.

Die Berliner Gondelbahn müsste dagegen lediglich den Westhafenkanal in geringer Höhe überqueren und könnte ansonsten knapp über dem Boden schweben. Auch wenn sie etwa 2,5 Kilometer lang sein würde, müsste der Bau keine Unsummen verschlingen, meint Bouteiller. Vielleicht gelingt es ja sogar, einen Sponsor zu finden. In London hat die Fluggesellschaft Emirates den größten Teil der Kosten übernommen.

Auch in Tegel sollen sich renommierte Unternehmen ansiedeln, die dann Gründerbetriebe anlocken. Erforderlich sei dafür ein „wissenschaftlicher Kern“, den Bouteiller mit dem Teilumzug der wechselwilligen Beuth-Hochschule aus Wedding schaffen will. Der vorhandene sechseckige Terminal sei dafür ideal geeignet; auf der oberen Etage könnten Büros eingerichtet werden, im Erdgeschoss ließen sich schwere Geräte fürs Experimentieren aufstellen. Und im Innenring, der heute als Parkplatz genutzt wird, wäre Platz für eine Seilbahnstation.

Die Anlage würde hervorragend zu dem Standort passen, auf dem sich Firmen Gedanken zur „Stadt von morgen“ machen sollen, die auch gleich in der Anwendung erprobt werden können, sagt Bouteiller. Auch in Koblenz war die positive Ökobilanz der elektrisch angetriebenen Gondelbahn ausschlaggebend für deren Bau.

Alternativ war überlegt worden, die weit auseinanderliegenden beiden Kernbereiche der Bundesgartenschau mit Bussen zu verbinden.

Vorstellbar ist für Bouteiller aber auch der Bau einer Magnetbahn nach Berliner Vorbild. Von 1984 bis 1991 schwebten fahrerlose Kabinen auf einer 1,6 Kilometer langen Strecke zwischen dem U-Bahnhof Gleisdreieck und dem Kemperplatz. Sie verbrauchte weniger Strom als eine U-Bahn und kam fast ohne Personal aus.

Es gab deshalb sogar die Überlegung, das U-Bahn-Netz auf die M-Bahn-Technik umzustellen. Stattdessen musste die Magnetbahn aber dem Wiederaufbau der U-Bahn-Linie U 2 weichen, auf deren seit dem Mauerbau von 1961 stillgelegter Trasse sie zum Teil fuhr.

Dass bei ausgeschalteter Automatik 1988 durch einen Bedienfehler ein Zug im Bahnhof Kemperplatz die Außenwand durchbrochen hatte, schreckt nicht. Das System sei sicher, sagten Fachleute bereits damals. Ob es – oder die Seilbahn – auch sicher kommt, wird man sehen. Für das gesamte Entwicklungskonzept in Tegel braucht man nach Ansicht von Bouteiller vor allem eins: Geduld.

Zur Startseite