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Medien: "Die Woche": Schattengewächs

"Die Woche" hat eine moderne, durchgehend vierfarbige Optik, sie ist meinungsstark, politisch im linksliberalen Milieu angesiedelt, aber weder das Anzeigengeschäft noch die Auflage sind zufriedenstellend. Sie dümpelt, unterbrochen von vielen Turbulenzen, seit ihrer Gründung 1993 vor sich hin.

"Die Woche" hat eine moderne, durchgehend vierfarbige Optik, sie ist meinungsstark, politisch im linksliberalen Milieu angesiedelt, aber weder das Anzeigengeschäft noch die Auflage sind zufriedenstellend. Sie dümpelt, unterbrochen von vielen Turbulenzen, seit ihrer Gründung 1993 vor sich hin. Doch sie hat einen großen Vorteil: Sie ist der Stolz von Verleger Thomas Ganske. Das weiß Manfred Bissinger zu schätzen, der in einer Person Geschäftsführer, Herausgeber und Chefredakteur zugleich ist. Denn Ganske, Chef des Jahreszeiten-Verlages, ist kein Controller, kein Manager, der ein unwirtschaftliches Blatt einstellt. Er wollte und will "Die Woche" haben - als journalistische und verlegerische Krönung seines Hauses. Die Frage der Einstellung des Blattes stellt sich für Ganske nicht. Das ändert auch nicht die Tatsache, dass nach nur wenigen Monaten erneut der für Anzeigen und Marketing zuständige Geschäftsführer von Bord ist: Kai-Axel Aanderud, 41, (früher bei Springer und danach bei Bauer) passte nicht in die Unternehmenskultur des Verlages. Zudem gehe es nicht nur darum, neue Konzepte für Marketing und Vertrieb zu formulieren, sondern auch darum, diesen Weg zu begleiten und Konzepte zu realisieren, sagte am Dienstag Klaus Teichmann, Geschäftsführer des Jahreszeiten-Verlages: Aanderud könne seine Fähigkeiten besser entfalten, wenn er wieder als Consultant, als freier Unternehmensberater arbeite, fügte Teichmann hinzu.

Bissinger, der in einigen Tagen seinen 60. Geburtstag feiert, war gestern bereits in Richtung USA unterwegs - er ist einer der Chefredakteure, die heute Bill Clinton den Medienpreis übergeben. Sein Ziel ist es, in "Die Woche" weiter zu investieren - zum einen personell, zum anderen inhaltlich und redaktionell. So denkt er schon seit geraumer Zeit über eine Umfangserweiterung nach. Ursprünglich als Gegenpol zur "Zeit" gestartet, wollte "Die Woche" den dünnen Seitenumfang als Vorteil nutzen. Der Leser sollte in der Lage sein, die Zeitung komplett zu lesen. Heute sieht Bissinger dies als Irrtum an. Der Leser will offensichtlich eine möglichst breite Auswahl, aus der er das für ihn Interessante aussuchen kann. Bei allen Änderungen, die "Die Woche" plant, muss sie vor allem sich selbst neu definieren. Wochenzeitungen, einst aus der Not gegründet, weil es nicht genügend Papier gab, haben ein Stückweit ihre Funktion als analysierendes, kommentierendes Medium an die Tagespresse verloren. Der Neuigkeitswert einer Meldung ist durch das Fernsehen und das Internet immer schneller verbraucht. Dieses Problem gilt es vorrangig zu lösen, unabhängig von einer Vertriebsoffensive und Werbekampagne, die der Verlag im Herbst starten wird.

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