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Computersimulation: Im Doppeldecker durchs Spandau der 80er Jahre

Zwei junge Berliner befördern den Spieler mit ihrem PC-Omnibussimulator direkt zurück ins Jahr 1989. Mit alten Doppeldeckerbussen geht es elf Kilometer durch Spandau - bis an die ehemalige Grenze zur DDR.

Solche Fahrgäste wünscht sich jeder Busfahrer. Beim Einsteigen ein freundliches „Hallo“ oder ein „Entschuldigen Sie, ich wollte gerne einen Fahrschein haben“, so etwas scheint aus einer anderen Welt und aus einer anderen Zeit zu stammen. Und das trifft sogar zu. Denn der Omnibussimulator mit dem Untertitel „Mit dem 92er durch Berlin-Spandau“ ist ein Computerspiel, das im Jahr 1989 angesiedelt ist. In vier Jahren haben zwei junge Computerenthusiasten die Simulation entwickelt, die an Detailtreue viele andere Simulatoren alt aussehen lässt. Am Freitag bringt der Publisher Aerosoft den Omnibussimulator auf den Markt.

Die beiden Entwickler studieren in der Hauptberufung Verkehrswesen an der TU Berlin. Dass sie gerade Spandau ausgewählt haben, ist kein Zufall; der 26-jährige Marcel Kuhnt stammt daher. Mit seinem Freund Rüdiger Hülsmann, 27, verbindet ihn die Begeisterung für den öffentlichen Nahverkehr. Und weil es zu U- und S-Bahnen bereits Simulatoren gab, haben sie sich für den Omnibus entschieden. Genau wie sich viele ältere Eisenbahn-Modellbauer für ihr Hobby die Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit aussuchen, kehren Kuhnt und Hülsmann mit dem PC-Simulator in ihre Kindheit und Jugend in den 80er Jahren zurück. Ob es seinerzeit tatsächlich in Bussen keine Kontrolleure gab, ist dabei eine andere Frage.

Viel wichtiger aber ist der Detailreichtum von Strecke und fahrbarem Material: Zum Einsatz kommen die MAN-Doppeldecker der Baureihen SD200 und SD202, zwei Typen, die über Jahrzehnte das Berliner Straßenbild geprägt haben. An ihren Außenseiten befinden sich die Original-Werbeaufschriften aus dieser Zeit. Sowohl von der BVG als auch von den Firmen haben sich die Entwickler die Genehmigungen eingeholt, um mit BVG-Logos und Werbeaufdrucken von Drospa und Möbel Hübner durch die Gegend kurven zu können. Zudem haben sie mit der Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus Berlin (ATB) zusammengearbeitet. Die Fans der BVG-Stadtlinienbusse verfügen über historische Fahrzeuge, von denen die beiden Spieleentwickler die korrekten Maße für ihre digitalen Modelle entnehmen konnten. Von diesen Fahrzeugen stammen auch die Originalgeräusche, die ein besonders authentisches Spielerlebnis vermitteln. Das fängt beim Öffnen und Schließen der mit Luftdruck betätigten Türen an, geht weiter beim Fahren über Kopfsteinpflaster und endet hinten im Bus mit dem unnachahmlichen Krach des Motors.

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Mindestens genauso beeindruckend ist der digitale Nachbau der Strecke entlang der Linien 92 und 13 N. An der Staakener Endhaltestelle Heerstraße/Stadtgrenze eingesetzt, kann noch einmal auf Mauer und Grenzkontrollstelle geblickt werden, am anderen Endhaltepunkt Freudstraße in Nähe der Falkenseer Chaussee steht unter den Sackgassenschildern noch ein Hinweis auf die „Schandmauer“. Am Anfang der technisch sehr anspruchsvollen Simulation – die mit Handbuch und Karte ausgeliefert wird – sollte man sich in einen vom Programm gesteuerten Bus setzen, um aus dem Fenster heraus auf das Spandauer Rathaus zu blicken (schon mit dem bekannten U-Bahn-Eingang) oder auf den alten Fernbahnhof zu einer Zeit, lange vor dem heutigen ICE-Haltepunkt.

An diesem Ort haben die beiden Entwickler ihre Fantasie übrigens etwas freier walten lassen. In der Simulation kann man an der Seegefelder Straße S-Bahnen fahren sehen. Tatsächlich gab es dort 1989 keinen S-Bahn-Betrieb. Ansonsten jedoch stimmt jede Kleinigkeit. An den Busarmaturen lassen sich selbst die Regler für die Fahrzeugbelüftung einstellen. Das Wetter kann ebenfalls beliebig geändert werden, wobei Blitzeis für den Fahrer eine besondere Herausforderung ist.

Ob Kuhnt und Hülsmann mit dem Programmieren weitermachen, können sie trotz ihres imposanten Debüts nicht sagen. Erst einmal steht die Diplomarbeit auf dem Programm.

„OMSI – der Omnibussimulator. Mit dem 92er durch Berlin-Spandau“. Aerosoft, 29,99 Euro. Keine Altersbeschränkung. Die Simulation läuft auf PCs mit Windows XP/Vista/7 mit mindestens 2,6 Gigahertz Prozessortakt und zwei Gigabyte RAM (je schneller desto besser).

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