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Verdammt schlechte Idee. Facebook werde alles tun, um Nutzer davon zu überzeugen, das Konto nicht zu deaktivieren. Foto: dpa

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Soziale Netzwerke: Ich will dann mal raus

Aber wie? Und danach: Gibt es ein Leben ohne Facebook? Kann man da länger schlafen? Websites wie suicidemachine.org geben Hilfe.

Länger ausschlafen – wenn das kein Grund für Facebook ist. Es soll ja noch Menschen geben, die nicht Mitglied eines sozialen Netzwerkes sind. Deren Kind morgens zu früh zur Schule geht, weil es vom Unterrichtsausfall nichts mit bekommen hat. So wie die Mitschüler, die – selbstverständlich – bei Facebook unterwegs sind und rechtzeitig von der ausgefallenen Stunde erfahren haben. Die, wie 800 Millionen Facebook-Nutzer weltweit, davon rund 20 Millionen in Deutschland, sich täglich, stündlich, minütlich via PC, Laptop und Internet darüber austauschen, was sie gerade getan, gehört oder gesehen haben.

Moderne Zeiten. Man lebt kaum noch ohne – Generation Facebook. Like-Buttons verteilen hier, gepostete Videos anklicken dort. Ob das nun einen Gewinn oder Verlust von Lebensqualität darstellt, darüber lässt sich streiten, ganz abgesehen von der Frage, wer der dann da alles bei den sozialen Netzwerken mitliest und was mit den Daten, Texten und Bildern geschieht, die eingegeben werden. Weniger strittig dürfte die Feststellung sein: Wer da wieder raus will, der sollte das auch können. Umstandslos, so schnell wie möglich. Wer aber auf seiner Facebook-Seite irgendwann die Abmeldemöglichkeit entdeckt hat, erhält erst mal die Frage: „Bist du sicher, dass du dein Konto deaktivieren möchtest?“ samt der Bitte um Nennung diverser „erforderlicher“ Gründe für den Austritt (á la „Das ist nur kurzfristig, ich komme wieder“) sowie „näherer Erläuterungen“ dazu. Fehlt nur noch, dass Facebook-Gründer Mark Zuckerberg persönlich anruft.

Facebook werde alles tun, um Nutzer davon zu überzeugen, dass es eine verdammt schlechte Idee ist, das Konto zu deaktivieren. Das weiß auch der Österreicher Dieter Willinger, der einen „Verein der Freunde des Aussteigens aus sozialen Netzwerken“ gegründet hat, um Anbietern wie Facebook auf seiner Website Ausgestiegen.com nicht die Meinungshoheit über webbasierte soziale Netzwerke zu überlassen. Menschen, die aussteigen wollen, können hier Anleitungen nachlesen. Grundsätzlich, so Willinger, verstehe sich Ausgestiegen.com als Medium, das die Diskussion über webbasierte soziale Netzwerke und deren Auswirkungen auf den Einzelnen und die Gesellschaft fördern will. Es sollen jetzt beileibe nicht alle aus Facebook aussteigen. Konkrete Zahlen über Facebook-Abtrünnige möchte er auch nicht nennen.

Einen Schritt weiter gehen die niederländischen Macher von „Web 2.0 Suicide Machine“, deren Seite schon von Facebook blockiert worden sein soll. Motto: „Wollen Sie Ihre echten Nachbarn wieder treffen?“ Suicidemachine.org verspricht einen „schnellen Selbstmord“ des Web-Ichs und übernimmt die Login-Daten für verschiedene Plattformen. Der Account wird nicht einfach gelöscht. Statt dessen werden Freundschaftseinträge und Profilbild entfernt sowie die Verbindungen zu Gruppen aufgehoben.

Am Ende gilt es hart zu bleiben, folgt man Dieter Willinger und seiner „Anleitung zum Aussteigen aus Facebook“: „Du wirst zuerst darüber informiert, dass deine bereits bestätigten Freunde dich nicht mehr kontaktieren können. Sie wollen dir damit möglicherweise suggerieren, dass du verdammt alleine sein und völlig den Anschluss an deine Freunde und Bekannten verlieren wirst.“

Mag sein, dass das alles anachronistisch ist, romantisierte Fortschrittsverweigerung. Ein Leben ohne Verabredungen? Man kann ja auch drin bleiben. Und länger schlafen, wenn die Schule doch mal später beginnt.

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