zum Hauptinhalt

TV-Alptraum: Traummann, Stalker

Wüstes Beziehungsdrama: Silke Bodenbender und Matthias Brandt in dem ZDF-Film „Eine verhängnisvolle Nacht“.

Eine peitschende See, ein langer Sandstrand, auf dem eine Hütte steht, davor ein loderndes Feuer. Mit Holzstücken im Arm kommt eine blonde Frau vom Meer. Zwischen den Dünen nähert sich ein Mann mit blutiger Stirn. Die Frau erblickt ihn, panisch versucht sie, wegzulaufen. „Ich will nur reden“, sagt der Mann, ihr dicht auf den Fersen. Schnitt. Eine Schule, ein Lehrerzimmer, derselbe Mann und dieselbe Frau, sich anlächelnd, Jahre zuvor.

So verheißungsvoll startet „Eine verhängnisvolle Nacht“, der Fernsehfilm der Woche im ZDF. Verheißungsvoll wie die Besetzung mit Silke Bodenbender und Matthias Brandt. Und wie das Thema: Stalking, eine der meistdiskutierten psychischen Erkrankungen derzeit. Nach Angaben des Bundesverbands Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe werden zwölf Prozent aller Deutschen einmal im Leben von einer anderen Person gegen ihren Willen fortwährend verfolgt.

Die selbstbewusste Lehrerin Hannah, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, verliebt sich Knall auf Fall in den neuen Kollegen Bernd. Ohne viel voneinander zu wissen, verbringen beide in Silkes Wohnung eine Liebesnacht. Bernd scheint der Frauen- und Kinderversteher, auf den Hannah lange gewartet hat. Aber was weiß man schon vom anderen? Wochen später, beide kochen in Hannahs Küche. Bernd zeigt jetzt ein anderes Gesicht. Aus geringstem Anlass schlägt er auf sie ein. Hannah verzeiht ihm ein paar Tage später, um dann brutal von Bernd vergewaltigt zu werden. Der kommt für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis und vorzeitig wieder frei. Weder Anwalt noch Polizei können Hannah vor den Zudringlichkeiten des Mannes schützen. Für Hannah, die auch für ihre halbwüchsigen Kinder und den kranken Vater (Rolf Becker) sorgen muss, hat der Albtraum noch lange kein Ende. Nicht einmal in ihrer Wohnung ist sie sicher. Sie zieht um. Der Film endet dort, wo er begann: am einsamen Strand.

Darstellern und Thema wäre ein besseres Buch (Harald Göckeritz und Miguel Alexandre) zu wünschen gewesen. Wenn sich Stalking-Opfer in Deutschland tatsächlich auf so wenig Rechtsschutz und Sicherheitsmaßnahmen verlassen könnten, wie in diesem Film dargestellt, sollte man sich am besten mit keinem fremden Menschen mehr einlassen. Ein Polizist schickt hier das Stalking-Opfer zum Vater des vermeintlichen Täters, um dort auf eigene Faust mehr über die Motive zu erfahren. Gefährlicher geht’s nimmer. Dabei gibt es tatsächlich juristische Möglichkeiten, um sich gegen Stalker zu wehren, zum Beispiel Schutzanordnung gegen den Aggressoren. Dann würde sich Hannah auch nicht am neuen Arbeitsplatz ihres Verfolgers verirren, um dessen Chef zu sagen, dass der sich da einen Ex-Knacki als Verkäufer ins Geschäft geholt hat. Kurz darauf wird die Frau wieder von Bernd zusammengeschlagen.

Liegt’s am Buch, liegt es am Genre Beziehungsdrama, dem man das mit der „Beziehung“ nicht recht abnimmt, bei zwei Menschen, die sich kaum kennen? Oder an der Regie (Miguel Alexandre, GrimmePreis-Träger für „Grüße aus Kaschmir“), die auf allzu vordergründige Effekte abzielt? Es hat bessere Filme mit Silke Bodenbender und Matthias Brandt gegeben. Letzterem, vor allem im Gedächtnis als besonnener Kommissar Hanns von Meuffels im Münchner „Polizeiruf“, muss es eine Freude gewesen sein, mal wieder aus der Haut fahren, Schrecken verbreiten zu können. Jähzorn, Sanftheit, Jähzorn, erstaunlich, was Brandt aus sich herausholt.

„Eine verhängnisvolle Nacht“,

ZDF, Montag, 20 Uhr 15

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false