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Daniel Bax ist Redakteur der „taz“. Er schreibt über Innenpolitik, Migrations- und Integrationsfragen.

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Vorwurf des Antisemitismus: Worüber Daniel Bax und Benjamin Weinthal streiten

Der Journalist Daniel Bax sieht sich von "Jerusalem Post"-Korrespondent Benjamin Weinthal beleidigt. Der wiederum klagt, Bax ignoriere Antisemitismus.

Herr Bax, Sie befinden sich in einer heftigen Auseinandersetzung mit Benjamin Weinthal, Europa-Korrespondent der „Jerusalem Post“. Worum geht es in der Sache?

Herr Weinthal hat mich auf Twitter wiederholt als „Judenreferat“ der „taz“ bezeichnet. Warum, weiß ich nicht: Vermutlich hat es ihm nicht gefallen, dass ich einmal in einem Artikel seine Methoden kritisiert habe. Aber Sie wissen vermutlich, wofür das Wort „Judenreferat“ steht: Es war die Gestapo-Abteilung, in der Adolf Eichmann den Holocaust organisierte.

Dieser Vergleich hat mich schockiert, damit hat er eine rote Linie überschritten. Deshalb habe ich mich entschlossen, juristisch dagegen vorzugehen. Ich empfinde diesen Vergleich nicht nur als eine üble Beleidigung – ich finde, damit wird auch der Holocaust verharmlost.

Es ist seltsam, dass ausgerechnet der Deutschland-Korrespondent einer rechten, regierungsnahen Zeitung aus Israel das nicht selbst erkennt.

Aber in Zeiten, in denen der Sohn des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auf Twitter antisemitische Karikaturen verbreitet, um seine Gegner zu schmähen, kann so etwas offenbar passieren.

Weinthal verhöhnt die Opfer des Völkermords

Jetzt ist der Streit auch persönlich geworden. Sie klagen gegen Benjamin Weinthal. Warum?

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, und man muss sich nicht alles gefallen lassen. Einen Journalisten, dessen Meinung einem nicht gefällt, mit einem Nazi-Verbrecher und Massenmörder gleichzusetzen, ist nicht nur beleidigend und verhindert jede ernsthafte Debatte, sondern verhöhnt auch die Opfer dieses Völkermords. Und das ist justiziabel. Bis jetzt handelt es sich nur um eine außergerichtliche Abmahnung, eine Klage behalte ich mir vor. Aber sollte die Klage Erfolg haben, werde ich das Geld an einen Fond spenden, mit dem Prozesse gegen „Hate Speech“ im Internet finanziert werden. Denn viele Opfer haben nicht die Möglichkeiten oder die Zeit, sich dagegen zu wehren, obwohl Beleidigungen, üble Nachrede und Rufmord-Versuche strafbar sind.

Was muss passieren, damit der Konflikt wieder an Substanz gewinnt?

Wer jede Kritik an der türkischen Politik auf Rassismus zurückführt, der muss sich derzeit von Türkenhassern umstellt fühlen. Wer jede Kritik an der israelischen Politik als „Antisemitismus“ begreift, der sieht sich überall von Antisemiten umstellt. So sehen verbohrte Nationalisten die Welt: alle sind gegen uns, Wir sollten lieber in der Sache streiten und auf persönliche Angriffe und Unterstellungen verzichten. Nur so kann eine zivile, demokratische Debatte gelingen.

Die Fragen stellte Joachim Huber.

Daniel Bax ist Redakteur der „taz“. Er schreibt über Innenpolitik, Migrations- und Integrationsfragen. Hier reagiert er auf die „Ärger“-Kolumne von Benjamin Weinthal im Tagesspiegel am Sonntag.

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