zum Hauptinhalt
Der Verteidigungsminister auf dem Weg zum Haushaltsausschuss.

© dpa

Affäre Euro Hawk: De Maizière funktioniert nicht mehr

Er wusste von nichts: Thomas de Maiziere ist ein Minister auf Abruf - er hat seinen Laden nicht unter Kontrolle. Den Schaden haben die Steuerzahler, die Soldaten - und die Kanzlerin

Von Michael Schmidt

Gerade noch galt er als Kronprinz, als Merkels Mann für alle Fälle, der sogar als ihr möglicher Nachfolger im Kanzleramt gehandelt wurde. Jetzt ist Thomas de Maizière ein Verteidigungsminister auf Abruf, der sein Haus nicht im Griff hat und von zu vielen Dingen zu wenig weiß, die in seinem Namen angeschoben, bewertet und entschieden werden. Mag er persönlich, dem das Verwaltungs- Klein-Klein zuweilen näher liegt als das Politisch-Visionäre, auch nie von so hohen, gar höchsten Ämtern geträumt haben – nach dem Drohnen-Debakel wird der Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt über die deutschen Streitkräfte ohnehin als lahme Ente gelten müssen, die da gelandet ist, wo der „Euro Hawk“-Prototyp im bayerischen Manching bereits steht: auf dem Boden.

Ausgerechnet ihm muss das passieren. Ausgerechnet ihn, den peniblen Daten-, Zahlen- und Faktensammler, haben seine Mitarbeiter von Problemen nicht unterrichtet. Ausgerechnet er, der solide Regierungshandwerker und erfahrene Ministeriale, muss sich fragen und fragen lassen, ob in seinem Laden eigentlich die Rechte nicht weiß, was die Linke tut und lässt. Und ausgerechnet er, der preußische Hugenotte mit dem Pflicht- und Dienstethos eines Beamten, der als eine seiner ersten Amtshandlungen seine Leute anwies, einen einheitlichen Zeilenabstand, Schriftgröße, Schrifttyp und Seitenrand zu benutzen – dieser Pedant muss mit dem Vorwurf leben, er habe sich nicht ausreichend für die Details der manchmal millionen-, wenn nicht milliardenschweren Geschäfte in seinem Zuständigkeitsbereich interessiert. Das trifft ihn hart. Und es trifft ihn zu Recht.

Denn so funktioniert Politik. Demokratie heißt Rechenschaft ablegen, heißt Verantwortung übernehmen. Es geht nicht um persönliche Schuld. Von der ist de Maizière nach allem, was bekannt ist, frei. Aber politisch verantwortlich für das beschaffungspolitische Chaos im Bendlerblock – das ist er schon. Er ist zwar damit nur der vorerst Letzte in einer langen Kette von Ministern, deren Namen sich mit Rüstungsskandalen verknüpfen. Aber er hat eben auch wenig bis nichts dafür getan, mit dieser unguten Tradition zu brechen. Und das, obwohl er das Amt 2011 angetreten ist mit dem ausdrücklichen Versprechen, die skandalträchtige Beschaffungspolitik nach dem Motto „zu teuer, zu spät“ gründlich zu reformieren.

Sein Cousin, Lothar de Maizière, der letzte DDR-Ministerpräsident, sagte einmal über ihn, „wenn man böse ist, kann man sagen: Er funktioniert“. Das bezog sich auf den Politiker Thomas de Maizière, der sich allzu oft wie ein Verwaltungsmensch benimmt. Die vergangenen Monate und Wochen haben die Öffentlichkeit eines Besseren belehrt: Nicht mal das stimmt. Er funktioniert eben nicht. Nicht in diesem Amt. Nicht gemessen an seinen eigenen Ansprüchen.

Er hat eine Bundeswehrreformbaustelle geerbt, die hat er geräuschlos und effizient abgeräumt. Ob aber der Afghanistan-Abzug ein Erfolg wird, bleibt abzuwarten. Und wie das Drohnen-Fiasko offenbart, ist die grundlegende Neuordnung der Rüstungspolitik gescheitert. Und zwar auf ganzer Linie. Zum Schaden des Steuerzahlers. Und zum Schaden der Soldaten im Einsatz, die weder zeitnah noch angemessen ausgerüstet werden.

Für die CDU im anhebenden Wahlkampf ist das ein Gau. Es wird einsam um Angela Merkel. De Maizière, bisher ihre politische Allzweckwaffe, fällt für die Zukunft aus – der Wähler wird ihm, so ist anzunehmen, die Zulassung für höhere Sphären kaum mehr erteilen.

Zur Startseite