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Annette Schavan erhält von Rektor Peter Dominiak die Ehrendoktorwürde der Uni Lübeck.

© dpa

Vom Kabinett zum Vatikan?: „Annette Schavan sollte nicht Botschafterin werden“

Annette Schavan würde Deutschland einen letzten Dienst erweisen: Sie sollte nicht Botschafterin beim Vatikan werden, meint AfD-Sprecher Konrad Adam im Gastbeitrag. Die Umstände ihres Doktortitelentzugs hätten der Freiheit der Wissenschaft geschadet.

Annette Schavan hat das, was man ihre Lebensleistung nennt, auf drei verschiedenen Ebenen  vollbracht. Sie begann als wissenschaftlicher Nachwuchs, ging dann in die Politik und stand am Ende vor Gericht. Diese einstweilen letzte Instanz hat ihr Urteil gesprochen und der ehemals für Bildung, Forschung und Wissenschaft zuständigen Ministerin ihren Doktortitel aberkannt. Die Richter hielten es für erwiesen, dass Frau Schavan als Verfasserin einer Dissertation mit dem anspruchsvollen Titel „Person und Gewissen“ nicht etwa aus Unvermögen, vielmehr in Kenntnis der Regeln, also vorsätzlich betrogen habe. Indem sie es darauf anlegte, ihre Quellen zu verschleiert oder zu verschwiegen, habe sie die eigenständige Leistung, die Voraussetzung für den Erwerb des Doktorgrades ist oder doch sein sollte, bloß vorgetäuscht.

Warum bekam sie so viel Zuspruch von den Wissenschaftsorganisationen?

Verständlich, dass sich Frau Schavan gegen das harte Urteil zu wehren sucht. Weniger verständlich, dass ihr die Präsidenten und Vorsitzenden der großen Wissenschaftsförderungsorganisationen, der Deutschen Forschungs-Gemeinschaft und des Wissenschaftsrates, mit apologetischen Verlautbarungen zur Seite springen. Sie werben um Nachsicht für die junge Frau, die in einem Fach promoviert wurde,  das seinerzeit, vor vierzig Jahren, noch nicht auf der Höhe der Zeit gewesen sei. Eine verblüffende Einlassung, zumal aus dem Mund von Leuten, deren Aufgabe es ist, die Regeln für gutes wissenschaftliches Arbeiten zu kennen, zu vertreten und immer wieder einzuschärfen. Selbst dann, wenn dieser durchsichtige Rechtfertigungsversuch Eindruck machen sollte, würde er eine Pseudo-Wissenschaft wie die Pädagogik zwar in ein schlechtes, Annette Schavan aber längst noch nicht in ein gutes Licht setzen.

All das hat die Universität Lübeck nicht davon abgehalten, die Ex-Ministerin mit dem Titel eines  Ehrendoktors für das zu entschädigen, was sie soeben erst verloren hatte. Geehrt wurde sie für die 25 Millionen, sie sie aus Bundesmitteln locker gemacht hatte, um der in Existenznot geratenen  Hochschule über die Runden zu helfen, nachdem das Land sich außer Stande sah, Lübeck als zweite Landesuniversität ausreichend zu alimentieren – vielleicht ein politisches, doch ganz gewiss kein wissenschaftliches Verdienst. Und eben deshalb, deutschem Brauch gemäß, mit der Würde eines Ehrensenators, aber nicht dem Ehrendoktor zu belohnen. Aber was gilt das akademische Gewohnheitsrecht, wenn sich eine Hochschule ihrer Wohltäterin erkenntlich zeigen will?

Es geht um die Freiheit der Wissenschaft

Damit wird klar, um was es in der Sache geht: nicht darum, ob und wie Frau Schavan gemogelt haben könnte, sondern um die viel wichtigere Frage nach der Freiheit der Wissenschaft. Sie wird vom Grundgesetz garantiert und stellt tatsächlich ein hohes, wenn sich sogar das höchste Gut dar, das es in einem der Freiheit verpflichteten Land zu verteidigen gilt. Denn eine abhängige, gelenkte, dienstbeflissene und liebedienerische Forschung ist eine Zumutung und obendrein ein Widerspruch in sich. Deshalb: Wie frei sind Hochschulpräsidenten, eine Gefälligkeit zu verweigern, die fehl am Platze war und ist? Und wie frei mögen Professoren sein, sich den Erwartungen zu widersetzen, die aus der Führungsebene eines Hauses an sie herangetragen werden, aus dem sie den Großteil ihrer Mittel beziehen?

Auch ohne akademischen Abschluss könne Frau Schavan ihre Arbeit in der Politik fortsetzen, heißt es halb süffisant, halb trostreich in dem eingangs erwähnten Urteil. Gewiss, das kann sie, denn in der Politik gelten andere Regeln als in der Wissenschaft. Aber sollte sie auch? Genauso wie jedes Kabinettsmitglied steht ein Botschafter nicht nur für sich selbst oder seine Partei; er repräsentiert ein ganzes Land. Ist es den Deutschen zuzumuten, sich beim Heiligen Stuhl von einer Frau vertreten zu lassen, die sich beim Abschreiben erwischen ließ und sich damit herauszureden sucht, in Sachen Redlichkeit nicht so genau Bescheid gewusst zu haben?

Nach alter Regel wird Deutschland durch einen Protestanten beim Vatikan vertreten

Nach alter diplomatischer Regel wird Deutschland beim Vatikan durch einen Protestanten vertreten.  Aus gutem Grund, denn Deutschland ist die Heimat Luthers, die Wiege der Reformation, das  Ursprungsland des Protestantismus und sollte in dieser historisch bedeutsamen Rolle vor allem dort wahrgenommen werden, wo es um Fragen der Religion, der Kirche und des Glaubens geht, in Rom also. Es ist bezeichnend, aber auch beschämend, dass die Große Koalition dazu bereit ist, sich über geschriebene und  ungeschriebene Regeln hinwegzusetzen, um eine in der Politik gescheiterte Frau mit einer Sinekure zu versorgen. Annette Schavan würde dem Land einen letzten Dienst erweisen, wenn sie den Posten ausschlüge.

Der Autor ist einer von drei Bundessprechern der „Alternative für Deutschland“ (AfD).

Konrad Adam

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