zum Hauptinhalt
Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Anna Wahlgren: „Ich bin die beste Erzieherin der Welt“

Sie lief jahrelang durch Talkshows und schrieb Erziehungsratgeber. Nun wird Anna Wahlgren von ihrer eigenen Tochter als Rabenmutter entlarvt. Ein Porträt.

An Selbstvertrauen hat es der Mutter von neun Kindern nicht gefehlt. „Ich bin die beste Kindererzieherin der Welt“, sagte Anna Wahlgren einmal. Die heute fast 70-jährige Erziehungsratgeberin galt ganzen Elterngenerationen als Vorbild. Ihr Standardwerk „Kinderbuch“ von 1983 verkaufte sich vor allem in den nordischen Ländern und im deutschsprachigen Raum millionenfach.

Statt pädagogischen Schreibtischtheorien lieferte Wahlgren ihre eigenen Erfahrungen als alleinerziehende Mutter einer riesigen Kinderschar. Zwischen 1962 und 1979 brachte sie neun Kinder von drei Männern zur Welt, schrieb 20 Bücher und führte sieben Ehen mit sechs unterschiedlichen Partnern. Mit den ihr auffälligen Kleidern und ihrer rauen Stimme war sie Gast in vielen Talkshows und gutbezahlte Ratgeberin für Ministerien und Hochschulen. Sie empfahl unter anderem, dass Kinder Eigenverantwortung übernehmen müssten, auch eine Verantwortung für die Erziehung der Geschwister.

Doch das Familienleben Anna Wahlgrens war alles andere als mustergültig. Das erzählt nun ihre drittälteste Tochter Felicia Feldt, heute 44, in einem eigenen Buch. Von anderen Familien waren Felicia und ihre Geschwister oft bewundert worden. Sie seien so vorbildlich, so selbstständig. Doch eine normale Kindheit mit Freizeit und Spiel hatte sie nicht. Die Mutter sei stets abwesend gewesen, entweder betrunken oder mit neuen Männern zusammen oder beides. „Einmal hat ein Nachbar gemerkt, dass bei uns etwas seltsam ist. Bevor er die Sozialbehörde anrufen konnte, zog meine Mutter wieder mit uns um. Schon wieder“, erklärt Felicia in zahlreichen skandinavischen Talkshows, in denen nun erstmals sie – und nicht die Mutter – zu Wort kommt.

Die Wahlgren-Töchter waren zudem den ständigen sexuellen Missbrauchsversuchen durch die wechselnden männlichen Hausfreunde der Mutter ausgesetzt. Manchmal kamen die Männer mitten in der Nacht. Doch wenn Felicia, damals fast noch ein Kind, ihrer Mutter davon erzählte, zeigte sich diese unbeeindruckt. Jedes Familienmitglied sei für sich selbst verantwortlich, sagte sie und servierte dem entsprechenden Mann ein Frühstück, als ob nichts gewesen sei.

Die Verarbeitung ihrer Kindheit habe viel Zeit gebraucht: „Es ist mir nicht leichtgefallen, all das aufzuschreiben. Ich konnte aber einfach nicht damit leben, dass die Wahrheit über meine berühmte Mutter nie ans Licht kommt.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false