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Atomindustrie: Strahlen und Haften

Die Versicherungsgesellschaften lehnen es ab, deutsche Atomkraftwerke zu versichern. Das Risiko ist ihnen zu hoch. Atomstrom gibt es überhaupt nur deswegen, weil er nicht versichert ist.

Jeder Autofahrer muss eine Haftpflichtversicherung abschließen. Seit dem 1. Januar 2010 sind in Berlin auch Hundehalter dazu verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Dies wissend, musste ich mich erst mal setzen, als ich im Radio hörte, dass deutsche Atomkraftwerke nicht haftpflichtversichert sind. Die Versicherungsgesellschaften lehnen es ab. Das Risiko ist ihnen zu hoch. Die Versicherungsgesellschaften sind ja die besten Experten für die Berechnung von Risiken. Sie betrachten die Dinge total cool, sie sind weder grün noch rot oder schwarz, politische Fragen sind ihnen egal. Nur die Mathematik zählt, eins plus eins. Und im Falle der Atomkraftwerke erklärten sie, schon lange vor der Katastrophe in Japan: „Das Risiko ist uns einfach zu groß. Wir sind doch nicht verrückt.“ Damit war zum Thema Atomkraft eigentlich alles gesagt.

Im Moment haften die Betreiber der Atomkraftwerke mit maximal 2,5 Milliarden Euro. Dieses Geld würde gegebenenfalls die Solidargemeinschaft der Kraftwerksbetreiber bezahlen. Wenn der Schaden höher ausfällt – im Falle eines GAU wären es vermutlich mindestens 1000 Milliarden Euro –, dann haftet theoretisch das Unternehmen mit seinem Vermögen, aber das kann man vergessen. Nach einem GAU ist das Unternehmen eh nix mehr wert.

Allein die Verlängerung der Laufzeiten durch Angela Merkel und Konsorten hat den Betreibern aber, nach einer Berechnung der Landesbank Baden-Württemberg, zusätzliche Gewinne von mindestens 119 Milliarden Euro beschert. Die Hälfte dieser Gewinne wollte die Regierung als Belohnung kassieren, bleiben noch rund 60 Milliarden für die Betreiber. Es ist also genau wie bei den Banken oder bei der Mafia, die einen kriegen das Geld, die anderen kriegen das Risiko. Ich finde so was irgendwie nicht okay. In dem Moment aber, in dem der Staat die Atom-Firmen genauso behandeln würde wie jeden ganz normalen Hundebesitzer, wenn sie sich also versichern müssen, mit einer realistischen Summe, wäre die ganze Atomdebatte mit einem Schlag beendet. Atomstrom wäre wegen der Versicherungsprämien so teuer, dass ihn kein Mensch mehr bezahlen könnte. Das muss man sich mal klarmachen: Atomstrom gibt es überhaupt nur deswegen, weil er nicht versichert ist und weil Sie und ich unsere Beerdigungskosten selber tragen.

Ich wollte wissen, was die Atomindustrie dazu sagt. In der Schrift „Energie- Fakten“ beziehen sie auch Stellung. Sie schreiben, zum Thema „Versicherung im Falle einer Kernschmelze“: „Ereignisse mit so niedriger Eintrittswahrscheinlichkeit betrachten wir als unmöglich.“ Mit anderen Worten: Unser Atomkraftwerk beißt nicht, das will nur spielen. Die Hundebesitzer müssen sich allerdings trotzdem versichern.

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