zum Hauptinhalt
Robert Diamond, Chef der Großbank Barclays.

© dapd

Bankenskandale: Straflos, skrupellos

Schon jetzt ist klar, dass der Barclays- Bankenskandal am entscheidenden Punkt genauso ausgehen wird wie alle vorangegangenen: Keiner der führenden Verantwortlichen wird sich persönlich vor einem Strafgericht verantworten müssen.

Ausgerechnet Robert Diamond. Voriges Jahr noch brüstete sich der bisherige Chef der Großbank Barclays vor britischen Parlamentariern, für die Banken müsse „die Zeit der Reue und Entschuldigung jetzt vorüber sein“, schließlich laufe das Geschäft wieder. Und nun das: Bankenaufseher auf beiden Seiten des Atlantiks wiesen nach, dass es Diamonds Händler waren, die maßgeblich daran beteiligt waren, über Jahre den Libor-Zinssatz zu ihren Gunsten zu manipulieren und damit zig Millionen Kreditnehmer und Inhaber von Zinspapieren in aller Welt zu schädigen. 453 Millionen Dollar Strafgelder muss die Bank entrichten. Darum ist der Investmentbanker Diamond, bis dato einer der wortstarken Anführer der Geldbranche, nun Geschichte.

Doch so folgerichtig der Rücktritt von Europas dreistestem Bonus-Jäger ist (Jahressalär 2011: 26 Millionen Euro), so wenig trägt das zur Lösung des eigentlichen Problems bei. Denn schon jetzt ist klar, dass auch dieser Bankenskandal am entscheidenden Punkt genauso ausgehen wird wie alle vorangegangenen: Keiner der führenden Verantwortlichen wird sich persönlich vor einem Strafgericht verantworten müssen. Und das, obwohl der ungeheuerliche Vorgang weit über Barclays hinausreicht. Weltweit ermitteln die Behörden gegen weitere 30 Banken, die wie ein Mafia-Kartell über alle Grenzen hinweg die Zinsmanipulation organisiert haben sollen. Trotzdem ist absehbar, dass die Führungskräfte an der Spitze der Libor-Bande nicht mehr als einen Verlust an Reputation zu befürchten haben.

Video: Mega-Skandal: Barclays-Chef tritt ab

So war es auch, als Richard Fuld mit der Pleite des von ihm geführten Geldhauses Lehman Brothers die größte Wirtschaftskatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg auslöste. So war es, als der US-Senat nachwies, dass die Händler von Goldmann Sachs und der Deutschen Bank unter Führung ihrer heutigen Chefs Lloyd Blankfein und Anshu Jain Hypothekenpapiere im Milliardenwert an Kunden in Deutschland und anderswo verkauften, von denen sie schon vorher wussten, dass sie binnen kurzem wertlos würden und darum sogar noch Wetten auf deren Verfall abschlossen. So war es, als die Möchtegerns an der Spitze der deutschen Landesbanken zweistellige Milliardenbeträge auf Kosten der Bürger versenkten. Und so war es auch, als die Hypo Real Estate in die Pleite gezockt wurde, für deren Schulden Deutschlands Steuerzahler mit voraussichtlich zwanzig Milliarden Euro geradestehen müssen, während der verantwortliche Topmanager Georg Funke auf seinem Ruhesitz in Mallorca über ungerechte Behandlung klagt.

Gewiss, im Einzelfall ist es stets schwierig, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachzuweisen, wenn die Top-Leute der Hochfinanz mal wieder Milliardenschäden anrichten. Darum wagen die meisten Staatsanwälte nicht einmal eine Anklage. Aber das rechtfertigt nicht die Untätigkeit der Regierenden. Anstatt die Straf- und vor allem die Haftungsregelungen drastisch zu verschärfen, haben sie sich bisher stets nur mit den Geldfürsten arrangiert, nicht zuletzt, um deren wohlhabende Kundschaft bei Laune zu halten.

Doch unbestreitbar ist es genau diese Straflosigkeit für die Täter, die jene vielfach beklagte Kultur der Gier ermöglicht, in der Händler und Manager skrupellos ihren Vorteil suchen, auch wenn sie damit Kunden, Aktionäre und Steuerzahler schädigen. Wer sich nicht traut, dort mit harter Hand die strafrechtliche Verantwortung oder wenigstens die Haftung mit dem persönlichen Vermögen durchzusetzen, der sollte sich über den nächsten Bankenskandal nicht wundern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false