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Matthias Platzeck und Klaus Wowereit auf einer Pressekonferenz am 16. August.

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BER: Die Flughafengesellschaft kontrolliert sich selbst

Diener zweier Herren: Bund, Berlin und Brandenburg sind Gesellschafter des Flughafens, die Geschäftsführung wird vom Aufsichtsrat kontrolliert. Doch dort sind wiederum die Gesellschafter vertreten - durch ihre eigenen Beamten.

Nein, nein, Geheimniskrämerei ist das natürlich nicht. Dass sich die Beauftragten der Eigentümer von Berlins Flughäfen zu einer Gesellschafterversammlung am Mittwoch treffen würden, hatten die Nachrichtenagenturen erstmals am Tag des Ereignisses um neun Uhr morgens in ihren Terminkalendern. „Ort und Uhrzeit nicht bekannt, Thema Jahresabschluss 2011 – Entlastung von Aufsichtsrat und Geschäftsführung wohl nicht auf der Tagesordnung“ hieß es kurz und knapp.

Die Gesellschafter, das sind der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg. Dass sie an einem geheimen Ort tagten, kann man ihnen nicht verdenken. Proteste von Flugroutengegnern, Lärmgeschädigten, düpierten Geschäftsleuten und frustrierten Arbeitslosen wären wahrscheinlich und verständlich gewesen. Und die Genehmigung des Jahresabschlusses 2011 durch die Eigentümer, die musste nun aus rechtlichen Gründen einfach sein. Dass man in der aufgeheizten öffentlichen Diskussion weder dem glück- und geschicklosen Vorsitzenden der Geschäftsführung noch dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats und dessen Stellvertreter das Siegel „gut gearbeitet“ geben konnte, ist nachvollziehbar.

Hinter getönten Scheiben: Am Dienstag tagte der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft an geheimem Ort zu geheimer Zeit. Unser Bild zeigt Matthias Platzek auf dem Weg zur vergangenen Sitzung Mitte August.
Hinter getönten Scheiben: Am Dienstag tagte der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft an geheimem Ort zu geheimer Zeit. Unser Bild zeigt Matthias Platzek auf dem Weg zur vergangenen Sitzung Mitte August.

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Andererseits liegt auf der Hand, dass jetzt noch nicht der später unvermeidliche Abschiedsbrief für Rainer Schwarz übergeben wurde. Das hieße, ihn zu billig davonkommen lassen – seine Arbeitgeber müssten ihn ja unter Fortzahlung der Bezüge freistellen und außerdem den Nachfolger bezahlen. Für ein Unternehmen, das bei den Eigentümern gerade um frisches Geld betteln muss, wäre solche Großzügigkeit nicht angemessen.

Rainer Schwarz, der Vorsitzende der Geschäftsführung, ist ein endliches Kapitel. Nicht von der Tagesordnung wird ein anderes Problem verschwinden: das der Politiker in Aufsichtsräten öffentlicher Unternehmen. Im Umfeld von Klaus Wowereit wird argumentiert, nach dem Scheitern der privatwirtschaftlichen Lösung sei es zwingend gewesen, dass die politischen Spitzen Berlins und Brandenburgs durch ihre Anwesenheit im Aufsichtsrat die Wichtigkeit des Bauvorhabens signalisieren.

Die Überlegung kann man nachvollziehen. Ihr Pferdefuß zeigt sich, wenn – wie jetzt im Fall der Flughafengesellschaft – den Politiker-Aufsichtsräten vorgeworfen werden muss, sie hätten ihre Aufgabe zu lange nicht ernst genug genommen, sie seien also mitschuldig am Debakel. Denn der Aufsichtsrat muss durch die Gesellschafter entlastet werden. Die aber sind Bund, Berlin und Brandenburg. Kann man sich ernsthaft vorstellen, dass ein Berliner Beamter, der auf Weisung des Finanzsenators und damit letztlich der Landesregierung handelt, dem obersten Chef eben dieser Landesregierung das Misstrauen ausspricht?

Er würde zum Diener zweier Herren. Das ging schon in der vor 266 Jahren uraufgeführten gleichnamigen Komödie Goldonis schief. Da versucht die Hauptfigur das Dilemma zu lösen, indem sie den jeweils anderen Dienstherren einfach für tot erklärt. Dieser Ausweg erwies sich aber schon in der Comedia dell’arte als Sackgasse.

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