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Die Piratenpartei - hier symbolhaft dargestellt im Zusammenhang mit der Landtagswahl im Saarland - steht in Berlin vor einer großen Bewährungsprobe.

© dapd

BER-Untersuchungsausschuss: Piraten stehen vor ihrer größten Bewährungsprobe

Sie wollen Transparenz, ihre Wähler wollen Transparenz - jetzt müssen die Piraten zeigen, dass sie Transparenz können. Ihnen fällt der Vorsitz des geplanten Flughafen-Untersuchungsausschusses zu - nachdem sie bisher nicht gerade als souveräne Fachleute für komplexe politische Vorgänge aufgefallen sind.

Die Bürger wollen es wissen. 3280 Menschen verlangten im vergangenen Jahr Auskunft von Bundesbehörden und -ministerien und beriefen sich dabei auf das Informationsfreiheitsgesetz – doppelt so viele wie im Jahr davor. Zahlen wie diese, aber auch das Tauziehen um die Offenlegung der Berliner Wasserverträge und des umstrittenen Mietvertrags der Modemesse Bread & Butter für das Flughafengelände Tempelhof, der rasante Aufstieg der Piratenpartei mit ihrem radikalen Öffentlichkeitsprinzip und zuletzt das alle bisherigen Regelungen an Offenheit übertreffende Hamburger Transparenzgesetz zeigen: Der Hunger nach einer offenen Kommunikation zwischen Staat und Bürger, nach Partizipation, Information und Rechenschaft ist groß. So mündig war der Bürger schon lange nicht mehr.

Und die Politik beginnt langsam zu reagieren, wenn auch widerstrebend. So lautete die erste Reaktion der Berliner Landesregierungspartei CDU nach der Verabschiedung des Hamburger Transparenzgesetzes am Mittwochabend: Man sehe für die Hauptstadt keinen Bedarf, „alles zu veröffentlichen, ohne dass jemand danach fragt“. Außerdem sei der Aufwand ja viel zu hoch, wenn auch Berlin wie künftig Hamburg von sich aus alle Akten, Verträge und Verwaltungsvorgänge von öffentlicher Relevanz gleich publik machen müsste.

Piratenpartei - die schönsten Symbolbilder:

Genau diese an den Bedürfnissen der Verwaltung statt am Bürger orientierte Einstellung ist es, die in letzter Zeit außerparlamentarischen Initiativen wie auch den Piraten zum Erfolg verholfen hat. Die Ankündigung des Wowereit- Senats, künftig mehr Unterlagen von sich aus öffentlich zu machen, wirkt da nur halbherzig, solange unklar ist, welche das sind.

Der aus Berliner Sicht wichtigste Testfall für die neue Transparenz dürfte die Aufklärung des Debakels um den neuen Großflughafen in Berlin-Schönefeld werden. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll ergründen, wie es zu den Pannen kam – und welche Schuld neben der Geschäftsführung der Aufsichtsrat mit Klaus Wowereit an der Spitze daran trägt. Das wird ein doppelter Testfall, sowohl für den sich langsam gegenüber dem Bürger öffnenden Staat wie auch für die Piraten, die bislang im politischen Alltag Berlins nicht gerade als souveräne Fachleute für komplexe politische Vorgänge aufgefallen sind und die zuletzt in Umfragen verdientermaßen einsackten.

Bildergalerie: Die Pannen der Berliner Piraten

Jetzt stehen sie vor der größten Bewährungsprobe ihrer kurzen Laufbahn in der Berliner Landespolitik. Denn der Vorsitz des Flughafen-Ausschusses, des politisch brisantesten Gremiums dieser Legislaturperiode, fällt qua Zufall an die unter der schwarz-orangefarbenen Flagge segelnden Parlamentsneulinge, weil nach dem D’Hondt-Verfahren der nächste neue Ausschuss ihrer ist.

In Bildern: Das Debakel um den künftigen Hauptstadtflughafen:

Hier werden sie zeigen müssen, wie ernst es ihnen mit der Transparenz ist. Und wie man es anders machen kann als die etablierten Parteien, die sich bei der Flughafenplanung in Sachen Offenheit und Bürgerbeteiligung nicht mit Ruhm bekleckert haben. Die Unerfahrenheit des Polit-Nachwuchses muss trotz der hochkomplexen Materie kein Nachteil sein: Die Verantwortung für das Flughafen-Wirrwarr lag nach jetzigem Sachstand auf den Schultern von Polit- und Management-Profis mit teilweise jahrzehntelanger Erfahrung. Geholfen hat das nicht.

Ein unvoreingenommener Blick auf das BER-Debakel kann, mit Unterstützung externer Fachleute, bei der Aufklärung helfen. Nun müssen die Piraten beweisen, dass Transparenz mehr als ein modisches Schlagwort ist. Machen sie einen guten Job, kann das die etablierten Parteien unter Zugzwang setzen und dazu führen, dass politische Prozesse künftig noch nachvollziehbarer kommuniziert werden müssen. Scheitern sie, wäre das der Anfang vom Ende ihrer parlamentarischen Laufbahn. Das Bedürfnis der Bürger nach Information und Rechenschaft von Staat und Verwaltung wird dadurch nicht mehr verschwinden.

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