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Gibt es andere Lösungen als den Euro? Die "Alternative für Deutschland" sieht das so.

© AFP

Die Chancen der "Alternative für Deutschland": Kritik am Euro muss nicht populistisch sein

Die Euro-Kritiker der „Alternative für Deutschland“ könnten für manche Wähler zu einem Ventil werden. Gefährlich für Merkel wird die neue Partei aber erst, wenn sie darauf verzichtet, Vorurteile zu bedienen.

Die „Alternative für Deutschland“ ist schon gescheitert, bevor aus ihr eine Partei geworden ist. Diesen Eindruck jedenfalls kann man gewinnen, wenn man sich die Reaktionen der vergangenen Tage anschaut. Tatsächlich bleiben die Gründer der „Alternative“ die Antworten auf viele Fragen schuldig: Wie soll ein Euro-Austritt über die Bühne gehen, wie europäisch wäre Deutschland dann noch, was wird aus den anderen EU-Staaten – und wäre das alles nicht ebenso teuer wie immer neue Rettungsfonds?

Vielleicht sind es diese Ungereimtheiten, die jetzt die Befürchtung nähren, die Euro-Kritiker könnten schon bald in die Versuchung geraten, ihren Wahlkampf nicht mit Sachpolitik, sondern mit Ressentiments zu bestreiten. Tatsächlich ist es ein kurzer Weg von der Kritik an wackligen Rettungsprogrammen hin zu der Behauptung, die vermeintliche Faulheit von Griechen oder Italienern sei schuld an der Misere. Wer dann noch mehr oder weniger die Rückkehr zur D-Mark fordert, der wirkt so, als wolle er die Geschichte zwanghaft zurückdrehen, zurück in ein Deutschland, das sich selbst genügt. So einfach geht es nicht.

So einfach, wie sich die im Bundestag vertretenen Parteien die Abwehr der künftigen Partei vorstellen, geht es aber auch nicht. Sicherlich fehlt es der „Alternative“ an prägnanten Köpfen. Trotzdem haben gerade die Anfangserfolge der Piraten gezeigt, dass eine Partei auch ohne starke Persönlichkeiten gewinnen kann, wenn sie eine Leerstelle im politischen Spektrum besetzt. Diese Leerstelle gibt es durchaus, auch wenn es stimmt, dass Merkels Rettungspolitik vom ersten Tag an kritisiert worden ist – in der öffentlichen Debatte, aber auch durch einzelne Abgeordnete in Koalition und Opposition. Eine halbwegs seriöse Möglichkeit, das Unbehagen in Wahlen zum Ausdruck zu bringen, ohne Populisten zu unterstützen, gab es aber bisher nicht. Hierin liegt die Gefahr, nicht nur für bürgerliche Parteien. Denn das Gefühl ist da, dass auch die Politik nur eine riskante Wette am Laufen hat. Niemand kann garantieren, dass die Rettungsschirme am Ende nicht ähnlich in sich zusammenfallen wie 2008 die Kreditblase in den USA.

So könnte die „Alternative“ zu dem Ventil werden, an dem sich der Unmut über eine Politik entlädt, die verunsichernd wirkt. Dass die Politik einem Herdentrieb folgt, hat dabei nicht nur wirtschaftliche Gründe. Der Euro war ein politisches Projekt. Er sollte Europas Einigung beschleunigen und Deutschlands Macht begrenzen. Erst langsam stellt sich heraus, dass er auch das Gegenteil bewirkt.

Weil der Euro trotzdem immer noch als politisches Instrument betrachtet wird, wird so getan, als würde eine Trennung der EuroZone das Ende aller Gemeinsamkeiten bedeuten. Das ist nicht zwingend. Der Schengen-Vertrag zum Beispiel ist nicht daran gebunden, dass es eine Einheitswährung gibt. Wenn die Euro-Gegner den Verdacht entkräften wollen, dass sie mit Vorurteilen auf Stimmenfang gehen, dann müssten sie hier die Trennlinie ziehen: Wir stellen die Euro-Politik nicht deshalb infrage, weil wir die Deutschen für die Besten halten, sondern weil wir an der EU festhalten. Erst das könnte Angela Merkel gefährlich werden.

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