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Kontrapunkt: Die Fackel der Freiheit

Der Absolutismus im Nahen und Mittleren Osten hat auf Dauer nichts mehr zu lachen, schreibt Stephan-Andreas Casdorff im "Kontrapunkt". Voraussetzung allerdings ist, dass die westliche Wertegemeinschaft tatsächlich wertegebundene Außenpolitik macht.

Wer zu spät kommt… den bestrafen im einen Fall die Islamisten, also die Despoten und Autokraten und Kleptokraten, die denken, sie könnten die Flamme der Freiheit, die auch in ihren Ländern zu leuchten beginnt, niederknüppeln. Das sind die im Jemen und in Algerien und in Saudi-Arabien und in Marokko und - will sagen: den Krisenbogen im Nahen und Mittleren Osten entlang. Wollen sie als "gute Herrscher" überleben, überhaupt überleben, dann müssen sie es sein, die den Weg zur Demokratie frei machen.

Im anderen Fall sind es die Theokraten, die nicht sehen wollen, dass da noch ein Flämmchen ist, das jederzeit wieder hell auflodern kann. Im Iran zum Beispiel. Dass der Religionsführer dort meint, die Menschen in Ägypten hätten sich die Khomeini-Revolution von 1979 als Vorbild genommen und der Islam ihrer Lesart (der falsch verstandenen) befinde sich auf dem Vormarsch, kann doch eine Verblendung sein. Wenn diese Islamisten zu spät kommen, dann könnten die Jungen, die Realisten, sie Lügen strafen.

Voraussetzung allerdings ist, dass der sogenannte Westen, die westliche Wertegemeinschaft, tatsächlich wertegebundene Außenpolitik macht. Wandel durch Annäherung, Wandel durch Handel, alles probiert, und alles hatte oder hat seine Zeit. Jetzt sei die Rede nicht Ja, ja oder Nein, nein, sondern klar: zur Unterstützung all derer, die eine Zivilgesellschaft wollen, mit freien Wahlen, mit Meinungs- und Pressefreiheit, mit Bürgerrechten, Menschenrechten. Diejenigen, die sich dafür einsetzen, knüppeln lassen, müssen wissen, dass sie sich auf Solidarität verlassen können.

Das Ende der Schweigespirale ist erreicht, das Ende der Redespirale noch nicht, nicht ganz. "Kritischer Dialog" hieß einmal ein Stichwort der Außenpolitik, übrigens unter einem Freidemokraten, das wieder aufgenommen werden kann. Dazu müssten aber Sanktionen gegen Unterdrücker kommen, solche, die wirken - und wirklich angewandt werden.

Die Zeit rennt, die Ereignisse scheinen sie zuweilen zu überholen. Immer wieder freitags: Da war erst der Freitag des Siegs in Tunesien, dann der Freitag der Entscheidung in Ägypten. Was wird der kommende bringen? In Ägypten lachen sie über den Satz, dass die arabischen Herrscher beschlossen hätten, den Freitag abzuschaffen und die Sechstagewoche einzuführen. Die jetzt mutig für Freiheit und Zivilisation eintreten, kämpfen zugleich dafür, dass der Absolutismus auf Dauer nichts mehr zu lachen hat - wenn der Westen sie jetzt ermutigt. Die Zeit für Freiheit ist gekommen.

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