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Meinung: Erarbeitete Sicherheit

Der Versuch von Ursula von der Leyen, die Altersarmut zu bekämpfen, ist richtig.

Von Antje Sirleschtov

Man muss kein Hellseher sein, um vorauszusagen, dass sich das Bild deutscher Rentner in zwanzig Jahren wesentlich von dem heutigen unterscheiden wird. Vor allem Frauen und Ostdeutsche werden dann in weit größerer Zahl als heute Probleme haben, ihr Leben zu finanzieren. Und das, obwohl sie die meiste Zeit ihres Berufslebens gearbeitet haben.

Woran das liegt, weiß jeder, der die wirtschaftliche Situation der vergangenen Jahre insbesondere in Berlin und den neuen Bundesländern beobachtet hat: Wer überhaupt Arbeit hat, verdient wenig – und sammelt umso weniger Anwartschaften auf eine Rente. Besonders betroffen sind Frauen, die Kinder erziehen und meist bis in deren Schulalter Teilzeitstellen und Minijobs annehmen. Befördert wird dieser Trend zusätzlich durch die Arbeitsmarktreformen der letzten Jahre: Man kann es Rot-Grün (und auch den nachfolgenden Regierungen) nicht ersparen: Die Flexibilisierung hat zwar der wirtschaftlichen Entwicklung von heute gutgetan. Weil sich allerdings lange Zeit niemand ernsthaft mit den Auswirkungen auf das Rentenniveau beschäftigt hat, produziert auch die Agenda 2010 Altersarmut von morgen. Hier gegenzusteuern, zuvorderst mit Mindestlöhnen, ist unumgänglich.

Dass die Rentenministerin Ursula von der Leyen etwas gegen die drohende Altersarmut tun will, kann man nur begrüßen. Denn den Betroffenen muss der entwürdigende Gang zum Sozialamt erspart werden. Wer ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen und womöglich seine Eltern gepflegt hat, dem darf nicht zugemutet werden, Erspartes aufzubrauchen oder aus der Mietwohnung ausziehen zu müssen, um eine Grundsicherung auf Hartz-IV-Niveau zu erhalten.

Mit der Zuschussrente, also einer aus Steuermitteln finanzierten Aufstockung der selbst aus Beiträgen erarbeiteten Rente auf 850 Euro wird zumindest die Lebensleistung der Menschen anerkannt. Nicht zu verwechseln mit einer Mindestrente, wie sie etwa die Linkspartei fordert, steht hinter der Zuschussrente von Frau von der Leyen der Anreiz zur Arbeit und gleichzeitig der Versuch, das beitragsfinanzierte Rentensystem in den Augen der Zahler nicht völlig zu entwerten. Und das ist richtig.

Bleibt die Frage, ob die Zuschussrente praktikabel sein wird. Man kann Zweifel daran haben, ob sich alleinerziehende Frauen mit zwei Kindern und Teilzeitjob eine Riester-Rente leisten können, die Voraussetzung sein soll für das Recht auf die Zuschussrente. Hier hat die Arbeitsministerin auf die Kritik zumindest reagiert und die Pflichtzeiten zum Riestern herabgesetzt. Und auch die Zahl der Pflichtjahre, in denen man in die Rentenversicherung eingezahlt haben muss, wurde gestaffelt. Ob das aber reicht? Eines ist jedenfalls klar: Die zunehmende Armut alter Menschen wird die Politik in Zukunft nicht mehr loslassen. Denn Sicherheit im Alter durch eigene Leistung erarbeiten zu können, gehört zu den Grundfesten der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland.

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