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Deutschlands Sami Khedira und seine Feundin Lena Gercke

© dapd

Erotik und Fußball: Was Sex vor dem Sport wirklich bringt

Das männliche Sexualhormon Testosteron steigert Aggressivität und Kampfbereitschaft, für den Erfolg beim Fußball kann das sehr nützlich sein. Aber wann ist der beste Zeitpunkt für das erotische Vor-Spiel?

Die „S-Frage“ ist so alt wie der Sport. Schon die antiken Olympioniken befürchteten, Sex vor dem Wettkampf könnte zu Leistungsabfall führen – so hat es Plato überliefert. Dagegen hielt Plinius der Ältere das Sexverbot für Mumpitz. Im Jahre 77 notierte der Gelehrte: „Träge Athleten werden durch das Liebesspiel wiederbelebt.“

Der Streit um das richtige Vor-Spiel ist auch 2000 Jahre später noch in vollem Gange. Und zu großen Wettkämpfen, wie Olympiaden oder Fußballmeisterschaften, hat er Hochsaison. Bei der WM 1994 verbannte Berti Vogts die Frauen aus dem Trainingslager, Deutschland scheiterte im Viertelfinale. Trotzdem schwören viele Sportler auf Enthaltsamkeit. Die schwedische Fußballlegende Freddie Ljungberg berichtete, nach einer Liebesnacht fühlten sich seine Beine an wie Beton. Auch der britische Sprinter Linford Christie verriet das Geheimnis seines Weltrekordes: „Ohne Sex bin ich aggressiver.“ Mohammed Ali soll sogar sechs Wochen vor den Kämpfen enthaltsam gewesen sein, um alle Energie für den Gegner aufzusparen.

Die Fachleute sind nicht viel klüger als die Athleten. Fest steht, dass es für jede Sportart – und für jeden Sportler – ein Optimum zwischen Aufgeregtheit und Entspannung gibt. Wenn etwa Bogenschützen vor dem Wettkampf zu nervös sind, können sie von entspannendem Sex profitieren. Doch für Fußball, eine Kombination aus Schnellkraft- und Ausdauersport, wird fast durchgehend nahezu maximale Anstrengung gefordert. Zu nervös, um den Ball zu treffen, sind Nationalspieler wohl kaum.

Was Männer und Affen gemeinsam haben

Bei solchen maximalen Anstrengungen hängt die Leistungsfähigkeit vom Verhältnis der Hormone Testosteron und Kortison ab. Das männliche Sexualhormon steigert Aggressivität und Kampfbereitschaft, deshalb ist beim Fußball ein hoher Testosteronspiegel von Vorteil. Das Stresshormon Kortison aktiviert dagegen die Fluchtreflexe und unterdrückt die Testosteronwirkung. Welches Hormon überwiegt, wird von psychologischen Faktoren bestimmt: Dominante Männer mit hohem Selbstbewusstsein reagieren auf Herausforderungen mit Testosteronausschüttung, bei ängstlichen Typen springt das Kortison an.

Wenn es um die Frage „Flucht oder Paarung“ geht, reagieren Männer und Affenmännchen erstaunlich ähnlich: Während Alphatiere auf Rivalen mit Erhöhung des Testosterons reagieren, steigt bei rangniedrigen Männchen das Kortison. Setzt man ein Alphamännchen in eine fremde Herde, bleibt der Testosteronanstieg aus.

Eine britische Studie mit Fußballspielern ergab, dass das Testosteron bei Heimspielen stärker ansteigt als auswärts. Sportpsychologen vermuten, die Verteidigung des eigenen Territoriums vor den eigenen Fans aktiviere das Dominanzverhalten. Das erhöhte Testosteron könnte der biologische Grund für den „Heimvorteil“ sein.

Auch Enthaltsamkeit senkt den Testosteronspiegel

Wenn Männer befriedigenden Sex haben, fällt der Testosteronspiegel rapide ab. Wenige Stunden vor dem Anpfiff ist ein Schäferstündchen mit der Spielerfrau deshalb nicht empfehlenswert. Auch gegen die Mohammed-Ali-Kur sprechen biologische Gründe: Nach mehrwöchiger Enthaltsamkeit sinkt der Testosteronspiegel.

Die Gretchenfrage ist also, wie es sich mit Sex am Vorabend verhält. Hier haben mehrere Studien gezeigt, dass die körperliche Leistungsfähigkeit nicht gemindert wird. Allerdings waren die Testpersonen fast ausnahmslos lange verheiratete Ehepaare, deren Energieverbrauch bei der Kopulation auf 25 bis 50 Kilokalorien geschätzt wurde – das entspricht einmal Treppensteigen in den zweiten Stock.

Sofern bei den Nationalspielern mit ihren Partnerinnen Erfolgsgefühle zur Ausschüttung des Dominanzhormons Testosteron führen, könnte sich das positiv auf die Leistungsfähigkeit am nächsten Tag auswirken. Falls jedoch, etwa durch Schlafmangel, das Stresshormon Kortison zum Zuge kommt, könnte das eine Katastrophe für die Fußballnation bedeuten.

Der große Ronaldo hat das ganz ohne Forschung erkannt. In einer spanischen TV-Show verriet er sein Geheimnis: „Der Mann muss beim Sex ziemlich passiv sein und einfach alles mit sich geschehen lassen. Das entspannt ihn und macht ihn glücklich, was zu einem wahren Energieschub führt.“ Der Meister hat gesprochen.

Der Autor ist Mikrobiologe und Direktor des Instituts für Biologische Sicherheitsforschung in Halle.

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