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Alina Treiger.

© dpa

Alina Treiger, in Deutschland ordinierte Rabbinerin: "Es ist wirklich unglaublich, dass ich die Zweite bin"

Die 31-jährige Ukrainerin, Alina Treiger, wird in der Synagoge Pestalozzistraße in Charlottenburg zur Rabbinerin geweiht. Ein Porträt.

Alina Treiger ist sich des großen Erbes bewusst, das sie antritt. Es sei ein „unglaublicher Moment“ gewesen, als sie im Jüdischen Museum Berlin das erste Mal vor dem Porträt von Regina Jonas stand, der ersten in Deutschland ordinierten Rabbinerin. „Es ist wirklich unglaublich, dass ich die zweite bin“, sagt Alina Treiger. Die 31-jährige Ukrainerin wird am heutigen Donnerstag in der Synagoge Pestalozzistraße in Berlin-Charlottenburg zur Rabbinerin geweiht, gemeinsam mit zwei Kommilitonen vom Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg.

Treiger ist damit die erste in Deutschland ordinierte Rabbinerin seit der Shoa. Regina Jonas, die 1930 ihr Studium an der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums abschloss, 1935 geweiht wurde und 1937 eine Stelle als Rabbinerin erhielt, wurde in Auschwitz ermordet. Bei der Ordinationsfeier, zu der auch Bundespräsident Wulff erwartet wird, soll ihrer gedacht werden.

Ihre erste Stelle hat Alina Treiger schon sicher: Sie wird die Gemeinden in Oldenburg und Delmenhorst betreuen. Es sind liberale Gemeinden, in orthodoxen sind Rabinerinnen bis heute undenkbar. Von den 500 Mitgliedern der niedersächsischen Gemeinden ist etwa die Hälfte aus der früheren Sowjetunion nach Deutschland gekommen. Treiger spricht – neben fließendem Deutsch – ihre Sprache, hat denselben religiösen Hintergrund wie die meisten von ihnen. In ihrer Heimatstadt Poltawa fühlte sie sich als jüdisches Kind ausgegrenzt, ihr Vater konnte wegen seiner Herkunft nicht studieren, war einfacher Arbeiter. Weil ihre Mutter, eine Lebensmitteltechnikerin, keine Jüdin ist, musste Alina zum Judentum konvertieren.

Doch früh engagierte sie sich in der jüdischen Gemeinde Poltawas, gründete einen Jugendklub. Sie studierte Musik, wurde dann in Moskau zur Gemeindearbeiterin ausgebildet. Mit nur 21 Jahren gründete sie nach ihrer Rückkehr in Poltawa eine neue, liberale Gemeinde, die bis heute aktiv ist.

Entsandt von der Weltorganisation des progressiven Judentums, kam Treiger 2001 nach Potsdam. Ihre Abschlussarbeit handelt von der erzieherischen Wirkung der Halacha, der religiösen Gebote und Verbote im Judentum, auf Kinder. „Stolz auf ihr Judentum“ habe Treiger der Gemeinde schon als Praktikantin im schleswig-holsteinischen Bad Segeberg vermittelt, sagt der dortige Vorsitzende. Ein Segen, dass dafür heute in Deutschland wieder Raum ist. Amory Burchard

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