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In erster Instanz verurteilt: Italiens früherer Regierungschef Silvio Berlusconi.

© AFP

Gerichtsurteil gegen Silvio Berlusconi: Das Ende eines Politikers

Silvio Berlusconi wäre so gerne ein großer Staatsmann gewesen. Dass er jetzt ausgerechnet über eine Affäre mit einer Prostituierten stürzt, zeigt die ganze Lächerlichkeit seiner politischen Anmaßung.

Addio. Dieser Tag, der 24. Juni 2013, markiert ein Ende. 20 lange Jahre hat Silvio Berlusconi Italien beherrscht, hat zuerst die politische Kultur seines Landes ruiniert und dann die Wirtschaft. Mit Schimpf und Schande wurde er aus dem Amt gejagt – und kehrte im Februar dieses Jahres triumphal in die Politik zurück. Zehn Millionen Italiener gaben ihm und seiner Partei „Volk der Freiheit“ erneut ihre Stimme.

Nun aber hat ein Gericht nach zweijährigen Verhandlungen einen Schlussstrich unter das Treiben des 76-jährigen Halodris gezogen: sieben Jahre Gefängnis, weil er bei den berüchtigten „Bunga-Bunga-Partys“ auf seinem Mailänder Anwesen Sex mit einer minderjährigen Prostituierten hatte, die auf den Künstlernamen „Ruby Rubacuori“ (Herzensbrecherin) hörte. Außerdem: lebenslang Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern. Ein Urteil mit Donnerhall. Und das obwohl viele Zeuginnen ihre anfänglichen belastenden Vorwürfe plötzlich zurückgezogen hatten. Ein Schweigen, das ihnen Berlusconi – auch das wurde vor Gericht bekannt – großzügig versilberte.

Rechtskräftig ist das Urteil indessen noch nicht, und es steht sehr in Zweifel, ob das Verfahren überhaupt jemals zum Abschluss kommen wird. Schließlich warten noch zwei Instanzen, und wer die Mühlen der italienischen Justiz kennt, weiß, dass sich das Spektakel der Schlüpfrigkeiten noch lange, lange Jahre hinziehen wird.

Und selbst wenn das Urteil Rechtskraft erhielte – hinter Schloss und Riegel müsste er dennoch nicht. Hat er sich doch im Jahr 2005 schlau vorausschauend mit seiner damaligen Parlamentsmehrheit ein Gesetz auf den Leib schneidern lassen, das über 70-jährigen Delinquenten das Gefängnis erspart. Er müsste dann lediglich die angenehmere Schmach des Hausarrests erdulden – und könnte sich aussuchen, in welcher seiner zahlreichen Luxusvillen er ihn abzusitzen gedenkt.

Dennoch bedeutet dieses Urteil das Ende von Berlusconis politischen Ambitionen. Weniger, weil es ein moralisches Verdikt ist. Die Februar-Wahlen haben ja gezeigt, dass sich viele Italiener an den sexuellen Eskapaden ihres Ex-Premiers keineswegs stören. Aber dieses Urteil muss in Zusammenhang mit einem anderen gesehen werden, das gerade erst jetzt im Mai in immerhin schon zweiter Instanz ergangen ist: vier Jahre Gefängnis wegen Steuerhinterziehung und wegen des Transfers einer halben Milliarde Euro auf Schwarzgeldkonten im Ausland. Die Richter bescheinigten ihm damals erhebliche kriminelle Energie. Dieses Verfahren und der „Bunga-Bunga-Prozess“ zusammen machen selbst in Berlusconi-Land, in dem jahrelang selbst das Unmögliche möglich war, eine Rückkehr in gewichtige Ämter mehr als unwahrscheinlich.

Silvio Berlusconi, der ewige Wiedergänger der italienischen Politik, wäre so gerne ein großer Staatsmann gewesen. Das Format dafür hat er nie gehabt. Dass er jetzt ausgerechnet über eine Affäre mit einer Prostituierten stürzt, zeigt die ganze Lächerlichkeit seiner politischen Anmaßung. Bertolt Brecht hat im Jahr 1928 über diese Lächerlichkeit der hohen Herren eine Ballade geschrieben – als hätte er Berlusconi und sein Karriereende vorausgesehen: „Da ist nun einer schon der Satan selber/Der Metzger: er! und alle andern: Kälber!/Der frechste Hund! Der schlimmste Hurentreiber!/Wer kocht ihn ab, der alle abkocht? Weiber!“

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