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Noch bekommen Verzweifelte Euro für ihre Familienerbstücke: Eine Frau geht in Athen an einem Pfandleihgeschäft vorbei.

© daps

Griechenland: Die Risiken des Euro-Ausstiegs

Die Banken haben sich vorbereitet: Griechenland könnte wohl aus dem Euro aussteigen, ohne Geldhäuser und andere Staaten mit in den Abgrund zu reißen. Die Wirkung wäre trotzdem fatal.

Wie sich die Zeiten ändern. Ob die Griechen nun, nach der Wahl, eine von der Linken angeführte, extreme Regierung bilden, aus dem Rettungspaket und aus dem Euro aussteigen wollen oder nicht, scheint die europäische Wirtschaft relativ kalt zu lassen. Vor einem halben Jahr war das noch ganz anders. Als der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou im vergangenen Jahr seine Zustimmung zum EU-Rettungspaket durch eine Volksabstimmung absegnen lassen wollte, herrschte bei den Rettern helle Aufregung. Sie ahnten, dass die Griechen die aus Brüssel verordneten Sparmaßnahmen ablehnen würden. Erst als Papandreou Anfang November 2011 von seinem Plan Abstand nahm, herrschte wieder Frieden in der EU. Die Partner machten sich damals freilich weniger Sorgen um das Wohlergehen der Griechen als um das eigene. Immerhin lagen in den Tresoren der deutschen und französischen Geschäftsbanken griechische Schuldverschreibungen in Milliardenhöhe, deren Werthaltigkeit plötzlich infrage gestellt schien.

Die Parlamentswahl in Griechenland in Bildern:

Warum ist nun alles anders, obwohl die populistische Argumentation des Chefs der linken Syriza-Partei, Alexis Tsipras, schon ziemlich infam ist – tut der doch so, als sei die griechische Staatsverschuldung keine Folge eigenen Fehlverhaltens, sondern eines Komplotts der internationalen Märkte? Weil die Banken inzwischen ihre griechischen Staatsanleihen weitgehend abgestoßen haben. Die liegen nun entweder in den Depots der Europäischen Zentralbank oder werden von griechischen Instituten und Privatanlegern gehalten. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich schon seit längerem in Italien, Spanien und Portugal ab. Damit schlügen neue finanzielle Abenteuer der Regierungen auf die eigene Bevölkerung zurück, denn Versicherungen und Privatpersonen sehen Staatsanleihen als Teil der langfristigen Anlagestrategie oder Altersvorsorge.

Ein Euro-Ausstieg Griechenlands, so erklären Finanzfachleute ihre entspannte Haltung trotz der unklaren griechischen Regierungsbildung, hätte also nur interne Wirkungen, die Infektionsgefahr für andere südeuropäische Staaten sei gering. Das wüssten inzwischen auch die Spekulanten. Was in dieser Rechnung freilich nicht eingepreist ist, wäre der Vertrauensverlust gegenüber der Euro-Zone insgesamt, weil sie ihre Probleme nicht lösen konnte, und der durchaus denkbare Substanzverlust für die Europäische Zentralbank.

Und die pädagogische Wirkung für die Griechen selbst? Die abzuschätzen wagt niemand. Entweder erwächst aus dieser, in jedem Fall schmerzhaften Erfahrung, die Erkenntnis, dass künftig nur solides Wirtschaften vor einer neuerlichen Staatspleite bewahrt. Oder aber es führt, im Gegenteil, zu einer Stärkung der Laissez-faire-Mentalität: Stabilität muss nicht sein, mit der eigenen Währung, die sich jederzeit abwerten lässt, fährt man auf Dauer bequemer, vor allem in einem Land, das nicht mit industriellen Gütern auf dem Weltmarkt qualitäts- und preiskonform bestehen muss.

Eine griechische Regierung, die im Konsens mit der EU handelt, wäre also in jedem Fall die beruhigendere Lösung der Krise.

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