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PORTRÄT FLORIAN MEIMBERG TWITTERER:: „Ich erzeuge den Film im Kopf“

Das war’s dann: „Zitternd gab Obama den Zündungscode ein und legte den kleinen Schalter um. Die Tür flog auf.

Das war’s dann: „Zitternd gab Obama den Zündungscode ein und legte den kleinen Schalter um. Die Tür flog auf. ,April April!’ Der Pentagon-Chef grinste.“ Diese Ultrakurzgeschichte stammt wie fast 150 weitere von Florian Meimberg. Allesamt hat er getwittert, unter dem Account „tiny_tales“. Für seine „winzigen Erzählungen“ hat er als erster Twitterer einen Grimme Online Award gewonnen, weil er laut Jury „beweist, dass man auch auf einem Short-Message-System wie Twitter publizistische Kraft entfalten kann, wenn man etwas zu sagen hat“.

Seit Oktober 2009 packt Meimberg maximal 140 Zeichen in einen pointierten Tweet. Das ist verdammt wenig Platz für Personal, eine Dramaturgie, für Spannungsbögen. Meimberg macht sich die Herausforderung zunutze: Seine Geschichten sollen den Leser animieren, sich eine vollständige Szene, ein Vorher und ein Nachher vorzustellen. Beschränkung wird Entgrenzung. „Das ist ja genau der Trick – ich erzeuge den Film im Kopf“, sagte er der „FR“. Raffiniert erzeugt er die Fallhöhe mit dem letzten Satz, dem letzten Wort.

Der 34-jährige Düsseldorfer weiß genau, was er tut. Als Regisseur dreht er Werbespots, Imagefilme, Webisodes und Musikvideos, die so überraschende wie überwältigende Form ist sein Metier. Was er in der Werbebranche mit Erfolg und Ehrgeiz betreiben muss, das treibt ihn auch bei seinen „tiny tales“ an, selbst wenn der verheiratete Familienvater von einem „Hobby“ spricht. Dieser versierte „Social-Network-Junkie“ arbeitet bis zu einer halben Stunde an einem wuchtigen Tweet, permanent kreisen die Ideen und Gedanken, das Notizbuch ist neben dem Notebook sein treuer Begleiter.

Oft sind die „tiny tales“ hintersinnig, hinterfotzig, mehr böse als lustig. Sind es Mini-Krimis, wird viel gestorben, ein ordentliches Quantum Weltuntergang darf dabei sein. „Wo sonst kann man die Welt in drei Sätzen zerstören?“, erklärt Meimburg seine Neigung.

Jetzt, mit einem saftigen Lob von Twitter-König Sascha Lobo, einer wachsenden Schar von bereits 8000 Followern und dem GrimmeOnline-Award im Rücken, scheint der Meister der Micro-Fiction des Flüchtigen ein wenig müde. Ein Buch über seine „tiny tales“ will er schreiben, „so richtig old school, aus Papier“. Was versendet ist, soll nicht vergessen sein.

„Sterbend hauchte Oles Vater ihm den letzten Satz seines Lebens ins Ohr. ,Das Geld liegt im...’ ,Frühstüüüück!’ kreischte die Oberschwester.“ Joachim Huber

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