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Niemals aufgeben: Die Gegner von Stuttgart 21 akzeptieren das Gutachten nicht.

© dpa

Nach dem Gutachten: Immer neuer Stress mit Stuttgart 21

Der Stress mit Stuttgart 21 ist noch nicht vorbei. Dazu ist das Projekt mittlerweile einfach zu weit auf das falsche Gleis geraten, als dass seine Gegner sich durch Ingenieursgutachten besänftigen ließen.

Der Stresstest für Stuttgart 21 ist gelaufen, die Befürworter des tiefergelegten Bahnhofs atmen auf. Wirklich Angst haben mussten sie zwar nicht, es war absehbar, dass das weitgehend durchgeplante Projekt in dieser späten Phase nicht mehr an technischen Einwendungen scheitern würde. Der Stress mit Stuttgart 21 wird aber nicht vorbei sein. Das Projekt ist mittlerweile einfach zu weit auf das falsche Gleis geraten, als dass seine Gegner sich durch Ingenieursgutachten besänftigen ließen.

So wird in der Stadt Stuttgart der Protest weitergehen, wird sich bürgerliches Aufbegehren immer wieder daran knüpfen, dass man beim Widerstand gegen den neuen Bahnhof die eigentlich wichtige Phase in den 90er Jahren verschlafen hat – eine Erkenntnis, die zugleich lähmt und anstachelt. Und daher nicht so leicht zu verarbeiten ist. Stuttgart 21 ist und bleibt ein umstrittenes, weil zutiefst fragwürdiges Mammutprojekt, welches das Leben in der baden-württembergischen Hauptstadt jetzt jahrelang prägen wird. Jede Panne wird die Wunde wieder jucken lassen, jede Bauverzögerung, jede Kostensteigerung wird zu Gejaule und Gemaule führen.

Auch in der grün-roten Landesregierung wird es keinen Stressabbau geben. Die Grünen als Wahlsieger haben verloren, die nur knapp geschlagene SPD wird sich als gestärkte Kraft empfinden. Sie stand und steht hinter dem Projekt mit einer Eindeutigkeit, wie sie die Grünen in ihrer Gegnerschaft zeigten und zeigen. Das erzeugt Spannungen in der Koalition, und jede Panne, jede Kostensteigerung … siehe oben. Schon zeigt sich, dass der Arbeitsplatzeffekt des Milliardenbaus gar nicht so üppig ist, wie bisher dargelegt. Und es wird auch weiterhin Zahlen und Effekte geben, die Zweifel am Sinn des Vorhabens schüren.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen kann Stuttgart 21 für den Rest seiner Amtszeit als Dauervorlage betrachten. Weil seine Partei viel versprochen hat und wenig halten kann, wird sie sich an dem Bahnprojekt abarbeiten und, wie die Grünen nun einmal sind, werden sie der Regierungsmannschaft das Leben schwer machen. Etwa, indem man von ihr mehr erwartet, als in einer Koalitionspartnerschaft machbar ist. Grün-Rot wird kein Prima-Klima-Bündnis werden, so viel steht fest. Zumal der nächste Stressfaktor schon naht, die aus grüner Sicht wohl aussichtslose Volksabstimmung.

Die Schlichtung, das zeigen die ersten Reaktionen der harten Projektgegner, hat keine nachhaltige Befriedung gebracht. Es wird sie auch weiterhin nicht geben. Denn Stuttgart 21 ragt aus einer Zeit in die Gegenwart herein, als im Südwesten die CDU noch als Ewigregierende galt, als man nicht groß nach links oder rechts schauen musste, sondern immer nach vorn in eine goldene Zukunft. In diesem Klima ist Stuttgart 21 entstanden. Das Projekt aber hatte seinen Anteil daran, dass jene Epoche zu Ende ging, es war ein wichtiger Aspekt bei der Abwahl der CDU. Schon deshalb schmerzt der Weiterbau.

Die Verlierer werden zwar irgendwann resignieren, die Milliarden werden, nach einigen Pannen und Kostensteigerungen, verbaut sein, und die Züge werden unterirdisch durch Stuttgart fahren. Spätestens dann werden sich viele Leute fragen, was das Ganze gebracht hat. Die Antwort wird lauten: viel Ärger, hohe Kosten, relativ wenig Gewinn. So wie das bei Mammutprojekten eben bisweilen der Fall ist. Die Lehre auch aus Stuttgart 21 lautet: Lasst bleiben, was nicht zwingend sein muss. Es bringt nur Stress. Und Unfrieden.

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