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Irans Machthaber Mahmud Ahmadinedschad

© AP

Iran: Tunnelblick und Traumwelt

Der Iran ist innerlich erstarrt und außenpolitisch isoliert: Die brachial erzwungene Ruhe im Land wird nicht mehr lange halten.

Zwei Tage im globalen Rampenlicht – nichts hatte der Iran beim Gipfeltreffen der Blockfreien in Teheran dem Zufall überlassen. Das Recht auf Atomenergie, die Befreiung Palästinas und die ungerechten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats sollten die Agenda der Konferenz bestimmen. Und tatsächlich, die internationale Aufmerksamkeit war groß, doch aus ganz anderen Gründen, als vom Gastgeber erhofft und geplant.

Kein Detail illustriert das besser, als die Übersetzungsposse des iranischen Staatsfernsehens bei der Rede des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi. Aus dem unterdrückerischen Regime in Syrien wurde flugs ein unterdrückerisches Regime in Bahrain. Der Arabische Frühling mutierte zum Islamischen Erwachen und aus der Solidarität mit dem syrischen Volk gegen Unterdrückung wurde Solidarität mit dem syrischen Volk gegen die ausländische Verschwörung. Nun steht Irans übereifriger Propagandaapparat blamiert da und Bahrain fordert eine Entschuldigung.

Als Ehrengäste und Erstbesucher der Islamischen Republik hinterließen Präsident Mursi und UN- Generalsekretär Ban Ki Moon dagegen eindeutige Botschaften. Mursi prangerte die Unterstützung Teherans für das Regime von Baschar al Assad an. Und Ban Ki Moon wies auf den zentralen Widerspruch iranischer Außenpolitik hin: Einerseits will Teheran respektiertes Mitglied der internationalen Gemeinschaft sein, andererseits alle Gepflogenheiten internationaler Beziehungen mit Füßen treten.

Im Unterschied dazu demonstrierte der polternde und belehrende Auftritt des Obersten Religionsführers Ali Chamenei, wie eng der Tunnelblick der Führung inzwischen geworden ist. Das Regime glaubt, es könne sich die Verhältnisse auf dem Globus nach Belieben zurechtbiegen. Und wie es um den eigenen Platz in der Welt tatsächlich bestellt ist, dafür ist der Islamischen Republik jedes Gefühl abhandengekommen. Der Kampf um den Machterhalt verzehrt seit dem Ansturm der grünen Bewegung 2009 alle Kräfte. Die innere Erstarrung ist total, die ausländische Presse seit fast vier Jahren ausgesperrt. Und die Kontrollschrauben lassen sich nicht noch fester anziehen. Überall in der Verwaltung haben jetzt verbohrte Ideologen das Sagen, die Haftanstalten sind überfüllt mit politischen Gefangenen. Und Ali Khamenei gebärdet sich als gottgeleiteter Staatslenker, Präsident, Außenminister und Polizeichef in Personalunion.

Derweil kämpft der einzige Verbündete in der Region, Syriens Baschar al Assad, um sein Überleben. Sein Sturz ist inzwischen unabwendbar. Fällt aber Teherans Vasall in Damaskus, wird auch in der Islamischen Republik die brachial erzwungene Ruhe nicht mehr lange halten. Die Sanktionen zehren allen an den Nerven. Millionen Iraner schämen sich für ihre Führung, deren provinzielle Attitüden, verlogene Frömmigkeit und verbohrte Rechthabereien. Im kommenden Frühjahr sind Präsidentenwahlen im Iran. Vor vier Jahren bereits hatte die Mehrheit des Volkes mit seinem, vom Regime gestohlenen, Votum klargemacht, dass sie atomare Transparenz sowie eine Ende der hyperaggressiven Außenpolitik wünscht. Für die Weltgemeinschaft bleibt das auch weiterhin die größte Hoffnung – und nicht ein Blitzkrieg mit bunkerbrechenden Megabomben.

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