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PORTRÄT HANNIBAL GADDAFI SOHN VON MUAMMAR:: "Wir sind unschuldig"

Hannibal ad portas – der jüngste Spross von Libyens Revolutionsführer Gaddafi ist in Europa als Rowdy gefürchtet. Mit 140 Stundenkilometern raste der 32-Jährige einst in Paris die Champs-Élysée hinunter. Ein Jahr später nahm ihn die französische Polizei fest, weil er seine damalige Freundin und heutige Ehefrau Aline verprügelt hatte.

Hannibal ad portas – der jüngste Spross von Libyens Revolutionsführer Gaddafi ist in Europa als Rowdy gefürchtet. Mit 140 Stundenkilometern raste der 32-Jährige einst in Paris die Champs-Élysée hinunter. Ein Jahr später nahm ihn die französische Polizei fest, weil er seine damalige Freundin und heutige Ehefrau Aline verprügelt hatte. Anschließend wurde er in Frankreich wegen des Besitzes eines Schnellfeuergewehres zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. In Italien griff er im Hotel vier Polizisten mit einem Feuerlöscher an. Im Juli holten Schweizer Beamte den missratenen Gaddafi-Sohn zusammen mit seiner schwangeren Frau aus ihrer Suite im Genfer Hotel „Präsident Wilson“ und sperrten beide für zwei Tage ins Gefängnis. Ihre Angestellten, eine Tunesierin und ein Marokkaner, hatten Anzeige wegen Nötigung und Körperverletzung erstattet und ausgesagt, sie seien mit Gürtel und Kleiderbügel verprügelt worden.

Vater Muammar Gaddafi, dienstältester Revolutionsführer der arabischen Welt und vom Westen gerne als geläuterter Despot hofiert, sieht seither seine Familienehre gekränkt und fordert eine offizielle Entschuldigung. Zwar ließen die Schweizer Hannibal, der eigentlich Motassim heißt, und Gattin bereits nach zwei Tagen gegen eine hohe Kaution frei. Auch stellten sie fünf Wochen später das Verfahren still und leise ein, nachdem die beiden Opfer ihre Anzeige gegen eine hohe Entschädigung zurückgezogen hatten. Aber offiziell entschuldigen wollten sich die Eidgenossen nicht.

Seitdem schwieg der launische Clan-Chef verstimmt. Am Freitag nun kündigte er plötzlich an, der Schweiz Öl und Geld und seine Gunst zu entziehen. Offizielle Begründung: die „schlechte Behandlung von libyschen Diplomaten und Geschäftsleuten“ durch den Kanton Genf. Die sieben Milliarden Dollar Devisenrücklagen sind bereits diese Woche auf andere europäische Banken transferiert worden, und der Ölhahn wird wohl am Wochenende zugedreht. Doch die Schweiz reagiert gelassen: Libyens Guthaben sind kaum mehr als Peanuts für die Banken der Alpenrepublik. Und auf dem Ölmarkt häufen sich angesichts der Wirtschaftskrise die Überschüsse. Noch vor drei Tagen hatte ausgerechnet Libyen an alle OPEC-Mitglieder appelliert, die Fördermengen zu drosseln, um den Preisverfall zu stoppen. Als niemand reagierte, ist Gaddafi wohl die offene Rechnung mit der Schweiz wieder eingefallen. Martin Gehlen

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