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Angela Merkel - die Aussichten für die CDU-Chefin sind nicht schlecht.

© dapd

Kontrapunkt: Die CDU - Herbstmeister der Legislaturperiode

Die CDU musste alles einstecken in diesem Jahr: Rücktritte, Kurswechsel, derbe Niederlagen. Aber der Union muss nicht bange werden, sagt Christian Tretbar. Sie ist der Gewinner des Jahres.

Spektakuläre Rücktritte, spektakuläre Richtungswechsel, spektakuläre Niederlagen bei Landtagswahlen - es ist im Grunde ein unfassbares Jahr für CDU und CSU. Am Ende aber sind sie die politischen Gewinner des Jahres.

Die Reform der Wehrpflicht war noch ein Erbe aus dem Jahr 2010 - aber eines, das weit in dieses Jahr hineinstrahlen sollte. Angestoßen hat sie der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der sollte noch von sich reden machen. Aber diese Reform war ein weiter Brocken, der aus den Grundfesten der Union gebrochen ist. Jener KT war der Shootingstar der politischen Landschaft, die Hoffnung der Union. Doch seine Plagiatsaffäre wurde ihm zum Verhängnis und mit ihm auch der Union. Ein beliebtes Gesicht weniger in ihren Reihen.

Kurz darauf der nächste Schock: Fukushima. Die Atomkatastrophe in Japan hat, wie es viele in der Union, so auch die Kanzlerin, gesagt haben, alle Gewissheiten dahin gespült, regelrecht verstrahlt - und das wenige Tage vor einer ohnehin schwierigen Landtagswahl im konservativen Stammland Baden-Württemberg. Merkel und mit ihr Stefan Mappus, auch so ein wirklich konservativer Hoffnungsträger, zogen die Notbremse. Ausstieg - so schnell wie möglich. Und das, obwohl sie kurz zuvor den unter Rot-Grün beschlossenen Ausstieg wieder aufgeweicht hatten. Der Coup hätte sogar fast funktioniert, Stefan Mappus und mit ihm die CDU verloren zwar die Regierungsmehrheit im Ländle, letztlich aber doch knapper als erwartet. Am Ende aber zählt nur das Ergebnis und das war verheerend: das Stammland war weg.

Was folgte waren schwierige Debatten zur Euro-Krise, Diskussionen um das konservative Profil der Partei, um die Rechte des Parlaments mit einem störrischen Parlamentspräsidenten aus den Reihen der CDU.

Und doch: der CDU muss nicht bange werden. Erstens gibt es nicht mehr so viele Grundsätze, die noch über Bord geworfen werden könnten. Und zweitens sind die Zahlen auf ihrer Seite. Die CDU steht bei einigermaßen konstanten 35 Prozent in den Wahlumfragen. Immer noch mit deutlichem Puffer zur SPD. Ja, das größte Problem der CDU heißt FDP, aber noch ist nicht klar, was die ganzen enttäuschten FDP-Wähler machen. Geben sie den Liberalen aus Mitleid doch noch einmal ihre Stimme oder wandern sie zur Union oder bleiben sie im Nichtwählerlager. Letzteres ist unwahrscheinlich. Denn für einen Großteil derer, die im bürgerlichen Lager ihre Stimme lassen, ist Wählen eine Art staatspolitische Verantwortung. Davon könnte die Union profitieren.

Hinzu kommt noch die Schwäche der anderen und die Unwägbarkeit namens Piratenpartei. Zunächst die Sozialdemokraten. Sie haben sich aus ihrem Jammertal hoch gearbeitet, aber um im Bild zu bleiben: auf eine politische Tiefebene. Zu neuen Höhen reicht es noch nicht. Viele inhaltliche Fragen sind ungeklärt, von den personellen ganz zu schweigen. Sie sind auf die Grünen angewiesen. Und die sind unsichere Kantonisten. Denn nach ihrem Höhenflug sind sie in Umfragen wieder auf ein Maß gestutzt, das Rot-Grün unsicher werden lässt. Und sie haben eine ihrer wichtigsten Fragen nicht geklärt: Wie halten es die Grünen mit der CDU. Das kann noch von entscheidender Bedeutung werden. Und wie gefährlich es ist, das Thema einfach unausgesprochen laufen zu lassen, hat die Berlin-Wahl in diesem Jahr gezeigt.

Und dieser Klärungsprozess wird vor allem dann notwendig, wenn die Piratenpartei es doch in den Bundestag schaffen. Im Moment rangieren sie zwischen vier und fünf Prozent - eine Art elektoraler Lucky-Punch scheint möglich. und dann wird es eng für Rot-Grün. Und plötzlich kommt die Union wieder ins Spiel - als vermutlich stärkste Fraktion. Entweder die Sozialdemokraten treten mit Schaudern wieder in eine große Koalition unter CDU-Führung ein, oder die Grünen brechen mit dem festen Willen eines Großteils ihrer Wähler und schmieden ein schwarz-grünes Bündnis. Der SPD und Grünen bliebe noch Rot-Rot-Grün oder ein Bündnis mit den Piraten - beides aber ist ebenso problematisch wie der Rest.

Deshalb kann die Union wohl entspannt ins neue Jahr gehen. Der Wähler scheint die christdemokratische Flexibilität und den Merkelschen Pragmatismus zu schätzen. Selbst eine Niederlage bei der Wahl in Schleswig-Holstein würde wohl an dieser Ausgangslage nicht viel ändern. Die CDU ist Herbstmeister der Legislaturperiode. Nur ihr Koalitionspartner sorgt für trübe Aussichten - als Absteiger der Saison.

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