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LEICHTS Sinn: Kostenlose Moral CDU beschenkt Konservative mit PID-Verbot

So stellen wir uns in unseren naiven Dämmerstunden die wahre Politik vor: entschiedene Programme und eindeutige moralische Positionen! Das Dumme ist nur, dass die komplexe Wirklichkeit sich dem Wunsch nach moralischer Eindeutigkeit selten zu fügen pflegt, schon gar nicht in einer Demokratie mit ihren innerparteilichen und zwischenparteilichen Koalitionen, bar jeder autoritären moralischen Instanz.

So stellen wir uns in unseren naiven Dämmerstunden die wahre Politik vor: entschiedene Programme und eindeutige moralische Positionen! Das Dumme ist nur, dass die komplexe Wirklichkeit sich dem Wunsch nach moralischer Eindeutigkeit selten zu fügen pflegt, schon gar nicht in einer Demokratie mit ihren innerparteilichen und zwischenparteilichen Koalitionen, bar jeder autoritären moralischen Instanz.

Da zerfällt dann mancher hochgesteckter Anspruch im politischen Prozess ins Kleinteilige. Bedenklich wird die Sache freilich dann, wenn moralisch steile Beschlüsse allein deshalb gefasst werden, weil man schon von vorneherein weiß, dass man für ihre Verwirklichung gar nicht einstehen muss. Womit wir beim jüngsten Parteitagsbeschluss der CDU wären, mit dem ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) gefordert wird – unter maßgeblicher Beteiligung der Kanzlerin, freilich mit einer knappen Mehrheit.

Wenn man die PID, bei der untersucht wird, ob ein einzupflanzender Embryo Erbschäden trägt, kategorisch verbietet, begibt man sich in Wertungswidersprüche, welche die soeben eingenommene edle Haltung sofort wieder ins Zwielicht rückt. Der bekannteste dieser Widersprüche liegt in der Tatsache begründet, dass wir Abtreibung aufgrund schwerer gesundheitlicher Schädigungen des Embryos strafrechtlich nicht verfolgen, weil wir uns darauf verständigt haben, dass einer schwangeren Frau unter diesen Umständen das Austragen der Schwangerschaft nicht mit einer harten Strafdrohung zuzumuten ist. Aber ist es da – auch moralisch! – nicht erträglicher, wenn es denn die Möglichkeit dazu gibt, der Frau einen anderen als einen erbgeschädigten Embryo einzupflanzen?

Der nächste dieser Wertungswidersprüche bringt die Eindeutigkeit gerade der Position von Angela Merkel in Zweifel. Jedermann weiß, dass die Embryonen, mit denen die Stammzellforscher gerne arbeiten würden (wir nennen das „verbrauchende Embryonenforschung“, also die Zerstörung von Vorstufen des menschlichen Lebens zum Zwecke des Erkenntnisgewinnes) – dass also jene Embryonen ganz überwiegend gerade aus den vielen überzähligen Exemplaren herrühren, die vor der künstlichen Einpflanzung in den Mutterleib erzeugt werden und die hernach im Tiefkühlschrank lagern, bis niemand so recht mehr weiß, wie sie auf moralisch unproblematische Weise „entsorgt“ werden können. Jenen Embryo, der nach möglicher Erkenntnis zu einem schwerst geschädigten Kind führen könnte, soll man nach einem Verbot der PID nicht am weiteren Wachstum hindern dürfen - aber was macht man denn anderes mit den vielen Embryonen im Tiefkühlschrank oder mit denen, an denen man forscht?

Angela Merkel war im Streit um die verbrauchende Embryonen- und Stammzellforschung nirgendwo so eindeutig positioniert wie bei der PID, was übrigens bei einer Naturwissenschaftlerin vielleicht nicht verwunderlich ist, trotz der Versuche, sie auf ihre protestantische Herkunft anzusprechen. Aber sollte das auch damit zu tun gehabt haben, dass damals große Forschungsinteressen im Spiel waren und es jetzt nur um vergleichsweise wenige Ehepaare geht?

Vor allem aber: Jeder wusste von vornherein, dass es unter den gegebenen parteipolitischen Verhältnissen und angesichts der neueren Rechtsprechung sowieso nicht zu einem kategorischen Verbot der PID im Bundestag kommen würde. Also konnte die CDU ihrem traditionalistischen Flügel gerne einen konservativen Beschluss schenken, wissend, dass er letztlich keine Folgen zeitigen würde. Gerade wenn man sich, auch beim Thema PID, um eine ethisch sorgfältige Entscheidung bemüht, ist diese Form des kostenlosen Moralpragmatismus ziemlich bedrückend.

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