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Autogrammkarten des Kandidaten beim außerordentlichen Bundesparteitag der SPD in Hannover.

© dpa

Kandidatenkür in Hannover: Peer Steinbrück und die SPD: Wie es ihr gefällt

Peer Steinbrücks Auftritt ist zwar, nach allem, was man weiß, den Delegierten keine 15 000 Euro wert gewesen, aber immerhin mehr als neunzig Prozent der Stimmen. Was man nach der Rede weiß: Der Kandidat will seiner Partei gefallen. Was offen bleibt: Wie das Merkel zu Fall bringen soll.

Weder der Kandidat, noch seine Partei hatte die Wahl. Peer Steinbrück musste seine Beinfreiheit in ungewohnter Weise nutzen, nämlich mal nicht für den einen oder anderen Tritt in den Hintern der eigenen Partei, sondern für große Schritte direkt auf sie zu; und der SPD blieb nichts anderes übrig, als größtmögliche Begeisterung zu simulieren für einen, der sie zuletzt eher entgeistert hatte. Steinbrücks Rede ist zwar, nach allem, was man weiß, den Delegierten keine 15 000 Euro wert gewesen, aber immerhin mehr als neunzig Prozent der Stimmen. Für einen echten Akt der Demokratie war es ohnehin längst zu spät, Widerspruch wäre jetzt nur noch parteischädigendes Verhalten.

Dabei widerspricht die Art der Kandidatenkür auf groteske Weise dem Bild einer Gesellschaft, wie sie Steinbrück als erstrebenswert zeichnet. Solidarität wird bei der SPD neuerdings durch autoritären Vollzug erzwungen. Auch da sind sich SPD und CDU gleicher, als beide es gerne hätten. Kontrovers diskutiert wird, wenn überhaupt, nur noch auf dem Klo. Übrig bleiben ritualisierte Klatschwettbewerbe – wer hat den längsten? Mit solchen Parteitagen wie in der vergangenen Woche tragen die Parteien jedenfalls kaum zur politischen Willensbildung bei, sondern eher zur Missfallensbildung.

Was Steinbrück begleiten wird bis zur Wahl, das sind zwei Fragen: Warum tritt er an – und wofür?

Mit teils sehr persönlichen Anekdoten über Familie und Freunde hat er versucht, darauf Antworten jenseits der unmittelbaren Politik zu geben, als Mensch Steinbrück: nicht künstlicher Technokrat, sondern natürlicher Sozialdemokrat will er sein, und so will er dann auch gesehen werden. Als leite sich daraus sein künftiges Handeln ab, zieht er Linien von seinem bisherigen Leben zum künftigen, und so kam er auch, über den geplatzten Traum seiner Mutter, als Hutmacherin arbeiten zu können, zum Plan einer Frauenstaatsministerin in seinem Kanzleramt: Chefsache! Nur dort, im Kanzleramt, sitzt eben schon eine Frau, und die ist – wie ihre Partei – gar nicht so sehr dem altbacken-konservativen „Maggi Kochstudio“ verbunden, wie Steinbrück behauptet und die SPD gerne hätte. Was man weiß nach seiner Rede: Er will seiner Partei gefallen. Was offen bleibt: Wie das Merkel zu Fall bringen soll.

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