zum Hauptinhalt
Platzt der Traum vom Bundestags-Einzug? Die Piraten sorgen sich um ihre Zukunft.

© dpa

Piratenpartei: Lauthals still im NSA-Skandal

Die Piratenpartei ist nicht still. Sie äußert sich sogar laut und vielfältig zur Spionageaffäre. Und doch profitiert sie nicht vom Thema Nummer eins im derzeitigen Wahlkampf. Kann sie auch gar nicht.

Vermutlich hat Martin Delius sogar recht. Der Berliner Pirat schrieb am Samstag via Twitter: „Ich weiß echt nicht wo das Meme ’#piraten sind bei #Prism still.’ herkommt. Ich kenne keine lautere Partei zum Thema.“ Nur in den aktuellen Umfragen macht sich das für die Piratenpartei nicht bemerkbar. Von den Meinungsforschungsinstituten werden sie wieder bei den „Sonstigen“ subsumiert. Von einem Einzug in den Bundestag sind sie weit entfernt und das, obwohl die Spionagevorwürfe gegen den amerikanischen Geheimdienst NSA und sein Überwachungsprogramm „Prism“ den Piraten eigentlich in die Karten spielen müsste.

Das Netz, vor allem das Verständnis vom Netz, ist ihr Gründungsmythos, und das nicht nach dem Motto „Alles muss frei und offen sein“, sondern eher „Freiheit durch Datenschutz“. Es ist ihr Kernthema. Aber die Piraten könnte dasselbe Problem ereilen wie andere Ein-Themen-Parteien auch: Wer ständig auf dieselbe Trommel schlägt, wird irgendwann nicht mehr wahrgenommen. Vor allem dann nicht, wenn alle anderen auch auf diese Trommel schlagen.

Eine Partei, die vor allem für ein Thema steht, funktioniert nur so lange, wie es einen klaren Gegenspieler gibt, einen Feind. Nur: Den haben die Piraten verloren. Man kann ihnen nicht vorwerfen, dass sie sich zur aktuellen Debatte nicht verhalten würden. Sie haben als Erstes Asyl für den Mann gefordert, der die Debatte ausgelöst hat: Edward Snowden. Sie attackieren Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und erläutern Bürgern auf Krypto-Partys, wie man Kommunikation gut verschlüsselt. Nur: Sie sind kein Solitär mehr. Denn selbst bis in die Union hinein ist der Ruf nach Aufklärung und Reformen laut. Da hilft es nicht, wenn man nur am lautesten ist. Die Position der Piraten ist nicht mehr überraschend, sondern erwartbar.

Man kann nun anführen, dass es bei den Grünen geklappt hat. Sie haben 2011 von der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima politisch profitiert. Aber das funktionierte nur, weil es klare Gegenspieler gab: Union und FDP, die klar pro Atomkraft waren und erst mal eine Kehrtwende hinlegen mussten. Außerdem waren die Grünen nie bloß eine Ein-Themen-Partei: Sie haben ihre Ursprünge auch in der Friedensbewegung und lebten also stark vom Thema Krieg und Frieden, was sie auch schon vor gewaltige Zerreißproben gestellt hat.

Die „Alternative für Deutschland“ könnte das Gegenbeispiel sein, weil sie sich mit ihrer eindeutigen Anti-Euro-Position von allen anderen unterscheidet. Nur ist deren Thema derzeit nicht mehr ganz oben auf der Agenda. Im Gegenteil: Das Thema hat diese Legislaturperiode bestimmt wie kaum ein anderes. Tatsächlich sind auch längst noch nicht alle Probleme gelöst, aber viele sind des Themas müde und froh, dass sie zumindest das Gefühl haben, die schlimmsten Katastrophen überstanden zu haben.

Als Ein-Themen-Partei funktioniert man nur, wenn das Thema Hochkonjunktur hat und die Lager verteilt sind. Ist das alles nicht der Fall, braucht man wenigstens Köpfe, die für das Thema stehen. Die gibt es bei den Piraten. Nur dürfen die sich nie zu laut äußern, sonst heißt es gleich wieder: Themen statt Köpfe. Und da dreht die Partei sich im Kreis – lauthals.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false