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Porträt: „Es geht um Tage und Wochen“

Zu dieser charmanten Amerikanerin konnte Dirk Niebel nicht nein sagen. Ertharin Cousin ist die neue Chefin des Welternährungsprogramms. Und zur Zeit auf Fundraising-Tour, um die drohende Hungerkatastrophe in der Sahelzone abzuwenden.

Sie strahlt. Ertharin Cousin redet schnell, ein wenig kurzatmig, enthusiastisch. Sie weiß, wie man ein Anliegen überzeugend verkauft. Ihre Stimme überschlägt sich, wenn sie vom Hunger in der Sahelzone spricht und den unterernährten Frauen im Niger, die ihre Kinder nicht stillen können. Dort war die 54-Jährige gerade unterwegs, um sich ein Bild der Lage zu machen, wenige Wochen vor der erwarteten Hungerkatastrophe. Seit einem Monat ist Ertharin Cousin Chefin des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP), der weltweit größten humanitären Organisation mit rund 15 000 Mitarbeitern.

Am Donnerstag kam die US-Amerikanerin zum Antrittsbesuch bei Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) nach Berlin – mit einer klaren Mission: mehr Geld. „Deutschland hat diesmal sehr früh reagiert und bereits 13,5 Millionen US-Dollar bereitgestellt“, sagt Cousin. Die Dürre war aufgrund der Regenzeit bereits im Vorjahr absehbar, das WFP hat bereits große Nahrungsmittelreserven vor Ort angelegt. Doch noch immer fehle etwa die Hälfte der benötigten 750 Millionen Dollar. Cousin, die selbst Mutter ist, umklammert mit ihren langen Fingern die Tischplatte. „Wir müssen sicherstellen, dass die Babys nicht sterben“, sagt sie – wissend, dass es ohne Bilder von hungernden Kindern schwierig ist, Spender zu aktivieren. Zum dritten Mal innerhalb eines Jahrzehnts sind etwa 15 Millionen Menschen in Westafrika vom Hunger bedroht. Die schlimmste Phase wird von Juni bis September erwartet. „Es geht um Tage und Wochen“, schärft Cousin ihren Zuhörern ein.

Wieder einmal kann das WFP nur Nothilfe leisten, um die Menschen kurzfristig zu versorgen. Cousin will die Organisation deshalb noch stärker in Richtung langfristiger Hilfen zur Selbsthilfe entwickeln. Sie wurde 2009 von US-Präsident Barack Obama als Botschafterin für Ernährung und Landwirtschaft eingesetzt, seit 25 Jahren beschäftigt sich die Juristin mit Hungerkrisen. „Aufgrund des Klimawandels werden wir immer mehr Dürren erleben“, sagt sie. „Die Bauern müssen lernen, mit den Bedingungen umzugehen, weniger Wasser zu verbrauchen und andere Lebensmittel anzubauen.“ Eine Mission, für die sie nun zunächst vier Jahre Zeit hat. Der Besuch in Berlin jedenfalls dürfte ihr Hoffnung machen: Nach dem Gespräch sicherte die Bundesregierung zu, die Unterstützung für die Sahelzone um 15 Millionen Euro zu erhöhen.

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