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PORTRÄT HANS-EUGEN SCHULZE BLINDER BUNDESRICHTER A.D.:: „Ich habe hart dafür gekämpft“

Als Hans-Eugen Schulze 1936 in der Soester Blindenschule mit der Ausbildung zum Korbflechter und Bürstenbinder anfing, konnte er nicht ahnen, dass er 50 Jahre später mit viel Ehrbezeugung als Richter am Bundesgerichtshof in den Ruhestand verabschiedet werden würde – und 2012 schließlich das Bundesverdienstkreuz bekommen würde. Der Handwerkerausbildung hatte sich für ihn, der nur Hell und Dunkel unterscheiden konnte, eine Ausbildung zum Stenotypisten in Marburg angeschlossen.

Als Hans-Eugen Schulze 1936 in der Soester Blindenschule mit der Ausbildung zum Korbflechter und Bürstenbinder anfing, konnte er nicht ahnen, dass er 50 Jahre später mit viel Ehrbezeugung als Richter am Bundesgerichtshof in den Ruhestand verabschiedet werden würde – und 2012 schließlich das Bundesverdienstkreuz bekommen würde. Der Handwerkerausbildung hatte sich für ihn, der nur Hell und Dunkel unterscheiden konnte, eine Ausbildung zum Stenotypisten in Marburg angeschlossen. Am Landgericht Dortmund bekam er die Chance, als Protokollführer zu arbeiten. Parallel dazu bereitete er sich während der Kriegsjahre autodidaktisch auf das Abitur vor. Das schaffte er 1945.

Danach begann Schulze als einer der ersten Studenten an der wieder eröffneten Universität in Marburg das Jura-Studium. Dafür brauchte er nur drei Jahre. „Beide juristischen Staatsexamina haben Sie ebenso wie Ihre Promotion im Jahr 1951 mit Auszeichnung bestanden“, sagte Baden-Württembergs Kultur-Staatssekretär Frank Mentrup bei der Verleihung am Dienstag in Karlsruhe. „Kennzeichnend für Ihr Talent und Ihren Fleiß war es dann auch, dass Sie nach Stationen am Landgericht Bochum und am Oberlandesgericht Hamm bereits im Alter von 40 Jahren als Richter an den Bundesgerichtshof hier in Karlsruhe berufen wurden.“ 1985, am Ende seiner Laufbahn als Richter, hatte Schulze eine solche Auszeichnung noch abgelehnt: „Weil ich für meine berufliche Arbeit ordentlich bezahlt worden war und dafür keine Ehrung brauchte.“

Zusammen mit seiner 2010 verstorbenen Frau Marga gründete der blinde Bundesrichter die „Marga-Schulze-Stiftung zur Förderung blinder Mädchen und Frauen in Afrika und Asien“. Seit 1960 ist Schulze Missionsratsmitglied der Christoffel-Blindenmission. Die international tätige Organisation unterstützt blinde, körperlich oder geistig behinderte Menschen in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa.

Selbstverständlich war Schulzes beruflicher Weg nicht. Schulze kritisiert zum Beispiel, dass blinde Juristen in Österreich trotz bester Qualifikation bis heute nicht Richter oder Staatsanwalt werden dürften. Mehr als 60 blinde Richter und Staatsanwälte gibt es inzwischen in Deutschland. Aber bis zum Bundesgerichtshof hat es außer Schulze nur ein einziger geschafft: „Ich war glücklich, irgendwie demütig und dankbar. Aber ich habe hart dafür gekämpft.“ Keyvan Dahesch

Keyvan Dahesch

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