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Weg nach Jerusalem: Sackgasse Bagdad

Sieben Jahre nach dem Irakkrieg wenden sich die USA dem Nahostkonflikt zu – endlich.

Die Straße nach Jerusalem führt über Bagdad – so lautete ein Credo der Neokonservativen in den USA, die auf einen Krieg gegen den Irak drängten. Im Irak entstünde nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein eine proamerikanische, prosperierende Demokratie, die als Katalysator für Reformen in der Region dienen würde. Unter diesem Druck der erstarkten Verbündeten der USA in der Region würden die Palästinenser endlich einem Frieden zu israelischen Bedingungen zustimmen – was in bilateralen Friedensverhandlungen ja nicht zu funktionieren scheint. Ohnehin spielt der Nahostkonflikt gar nicht die zentrale Rolle bei der Stabilisierung der Region.

Sieben Jahre und einen Krieg später scheint Bagdad nur ein kostspieliger Umweg oder gar eine Sackgasse auf dem Weg nach Jerusalem gewesen zu sein. Die USA haben am Dienstag formal ihren Kampfeinsatz im Irak beendet. Der Diktator ist zwar weg, doch das Land ist nicht die prowestliche Demokratie, welche die Region stabilisiert und auf die sie ausstrahlt. Im Gegenteil, viele Gruppen wurden radikalisiert. Und der Nahostkonflikt ist seiner Lösung keinen Zoll näher gekommen. Daher zwingt US-Präsident Barack Obama zeitgleich mit dem Abzug aus dem Irak Israel und die Palästinenser nach jahrelanger Pause wieder an den traditionellen Verhandlungstisch.

Stehen denn wenigstens die Aussichten auf eine Einigung heute besser als noch 2003? Die Lösung liegt nach unzähligen Verhandlungsmarathons der Vergangenheit auf dem Tisch, aber der politische Wille und die Kraft zur Umsetzung fehlen. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat sich in Geiselhaft extremer Parteien begeben, die nicht einmal die Fortsetzung eines begrenzten Siedlungsstopps akzeptieren. Präsident Mahmud Abbas, dessen Amtszeit längst abgelaufen ist, spricht höchstens noch für die Westbank. Der Gazastreifen ist – auch dank der westlichen Boykottpolitik gegenüber der gewählten Hamas – außerhalb seiner Kontrolle. Düstere Aussichten.

Bleibt das Argument, das regionale Umfeld sei heute günstiger, weil die moderaten arabischen Regime in ihrer gemeinsamen Angst vor einem starken, bald atomar bewaffneten Iran zu mehr Zugeständnissen an Israel bereit seien. Dann hätte sich auch der Krieg gegen den Irak „gelohnt“; Teheran konnte seine Rolle als selbstbewusste und furchterregende Regionalmacht ja erst wieder einnehmen, nachdem die USA den Rivalen Irak ausgeschaltet hatten. Doch leider kann es sich kein arabisches Regime innenpolitisch leisten, die Palästinenser zu einem Diktatfrieden zu drängen. Auch kein Lichtblick.

Was bleibt? Eine Region, in welcher der Nahostkonflikt nicht mehr das Monopol auf Destabilisierung hat. Allerdings spielt er immer noch eine zentrale Rolle, wenn antiwestliche Gefühle geschürt werden sollen. Daher hat dessen Lösung durch direkte Verhandlungen Vorrang. Diese Erkenntnis Obamas ist ein bescheidener Lichtblick, denn es gibt schon wieder Einflüsterer, die behaupten, der Weg nach Jerusalem führe über Teheran.

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