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Philipp Lahm ist nicht schwul.

© dapd

Schwule Fußballspieler: Philipp Lahm und die Gerüchte

Philipp Lahm hat ein Buch geschrieben. Ein paar belanglose Weisheiten über ehemalige Trainer stehen darin, Charakterisierungen. Und auch etwas Interessantes: Lahm tritt in einem Kapitel dem Gerücht entgegen, er sei schwul.

Das Gerücht, es schweift umher, wabert durch Ritzen, breitet sich aus und wenn es vorübergezogen ist, hat es etwas zurückgelassen, etwas, das hängen bleibt, immer bleibt etwas hängen. In Paul Webers berühmter Lithografie ist das Gerücht eine Schlange, eine Flugschlange, die durch Häuserschluchten schwebt und sich nährt vom Geraune und Getuschel hinter den Fenstern. Ein gefräßiges, ein garstiges Wesen. Und wen es am Wickel hat, tut sich schwer, es wieder loszuwerden. Philipp Lahm versucht es gerade, der Fußballspieler, 27 Jahre alt. Er hat ein Buch geschrieben, respektive schreiben lassen, wie das in diesen Kreisen üblich ist.

Eine Art Biografie, im Grund ist es ein belangloses Buch, wie auch nicht, wenn einer mit 27 sein doch noch recht kurzes Leben ausbreitet. Ein paar Weisheiten über ehemalige Trainer stehen darin, Charakterisierungen. Nebbich, weil ein leidlich an Fußball Interessierter das eh schon alles weiß. Belang bekommt das Buch erst in Kapitel 15, oder auch nicht Belang, das ist Betrachtungssache. Auf jeden Fall tritt Philipp Lahm in diesem Kapitel einem Gerücht entgegen, dem, dass er schwul sei.

Es ist inzwischen fast ein Reflex: Fußballspieler, auch noch ein guter und in der Nationalmannschaft? Na, wenn der mal nicht schwul ist. Kann sein, kann sein nicht, einer halbwegs verlässlichen Statistik nach sind etwa vier Prozent der deutschen Männer homosexuell. Plus Dunkelziffer. Wenn man die Belegschaft des Profifußballs als repräsentativen Schnitt der Gesellschaft ansieht – und es gibt keinerlei Grund, das nicht zu tun –, und wenn man dann noch diese Belegschaft auf etwa 1000 taxiert, dann spielen in den obersten drei Ligen 40 schwule Kicker mit. Plus Dunkelziffer.

Philipp Lahm hat sein heterosexuelles Bekenntnis übrigens in sehr unaufgeregter, sachlicher Form abgelegt. Was er nicht getan hat, ist, was „Bild“, das bekannte Fachblatt für Toleranz, Unaufgeregtheit, Diskretion und Privatsphäre, ihm andichtete: „Schwulen-Gerüchte: Lahm wehrt sich“ titelte das Blatt. Wie „wehrt sich“? Man wehrt sich gegen Anschuldigungen, gegen Verleumdungen oder Vorwürfe.

Der schwule Mensch, ob Fußballspieler oder Sportfeind, hat sich aber nichts vorzuwerfen. Die Schlagzeile indes rückt Homosexualität perfide ins Reich des Bösen und des Strafbaren. Es wird sich unter diesen Umständen eher keiner der 40 plus Dunkelziffer offen bekennen. Und die Gerüchte werden weiter umherschweifen, sich ausbreiten und etwas hängen lassen.

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