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Mirko Klarin, der Erfinder des UN-Tribunals.

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UN-Tribunal-Erfinder Mirko Klarin: „Für die, um die es geht!“

Im Mai 1991 schrieb der Journalist Mirko Klarin der Belgrader Zeitschrift "Borba" einen Essay, der viel Aufsehen erregte. Darin rief er dazu auf, einen internationalen Strafgerichtshof für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu gründen. Ein Porträt.

Von Caroline Fetscher

Auf 20 Jahre seines Bestehens, 161 Anklagen und 69 Urteile blickte das Den Haager UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) gestern bei einer gestrigen Zeremonie zurück. An 7500 Verhandlungstagen wurden dort bisher mehr als 4500 Zeugen gehört. Und ein außergewöhnlicher Mann gilt als Erfinder dieses Gerichtshofes: Mirko Klarin.

Klarin, geboren 1943 in Kroatien, war Journalist bei der Belgrader Zeitschrift „Borba“, als er im Mai 1991 den alarmierenden Essay „Nürnberg jetzt!“ schrieb. Er rief dazu auf, einen internationalen Strafgerichtshof für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu gründen. In Jugoslawiens Medien eskalierte der Gebrauch hasserfüllter, ethnisch und religiös diskriminierender Sprache. Klarin erklärte: „Augenfällig ist, dass Krieg vorbereitet wird.“ Würden die Urheber des Hasses im Vorfeld vor Gericht gestellt, ließe der Krieg sich abwenden. Der Autor reiste nach Brüssel, nach London, er warb vergebens für seine Idee.

Der Krieg kam. 1993 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit Resolution 827 die Gründung des ICTY. Ein Pioniergericht, das erste internationale Tribunal für Kriegsverbrechen seit den Nürnberger und Tokioter Prozessen. In den Dokumenten der UN wird Mirko Klarin als Stifter der Idee genannt. Er selber nimmt nun schon lange an der Aufarbeitung dessen teil, was er verhindern wollte. Gefasst, zurückhaltend, Melancholie hinter leisem Lächeln verbergend, entfaltet Klarins ruhige Aufmerksamkeit enorme Präsenz. Seiner Integrität verdankt es sich, dass er mit Journalisten aus Sarajevo, Belgrad und Zagreb 1998 die Presseagentur „Sense“ ins Leben rufen konnte. Woche für Woche erstellt „Sense“ Fernsehberichte aus Den Haag für die betroffenen Regionen. „Sense“ widmet sich nicht nur den Mammutprozessen gegen Milosevic, Karadzic oder Mladic, verfolgt werden alle Verfahren, ob es um Paramilitärs geht, mordende Polizisten, Vergewaltiger, oder „ethnische Säuberungen“ in kleinen Dörfern.

Unterstützt von der EU, der Schweiz und der Open Society Foundation, kämpft Klarins Projekt dennoch ständig ums finanzielle Überleben. Ende 2014 sollen die Richter am ICTY die letzte Verfahrensakte schließen. Gleich darauf wollen die Mitarbeiter von „Sense“ in Bosnien, Kosovo und Kroatien Dokumentationszentren aufbauen, und das Gesamtarchiv ihrer Arbeit für die Bevölkerung öffnen. In Klarins Worten: „Für die, um die es geht.“

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