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Während FDP-Anhänger gegen die grüne Forderung nach einem vegetarischen Tag demonstrieren, werden sich die meisten vor allem darüber wundern.

© dpa

Renate Künast für Verzicht auf Fleisch: Veggie Day: Die Grünen wollen, dass wir Buße tun

Der Fleischkonsum in Deutschland sinkt seit Jahren. Doch statt einfach nur abzuwarten, wie sich die Ernährungsgewohnheiten verändern, versuchen es die Grünen mit der Moralkeule.

Draußen nur Kännchen, freitags nur Fisch – das kennen wir noch aus der Adenauer-Republik mit ihren rigiden Lebensregeln. In der Latte-Macchiato-Republik lösen solche Sätze allgemein nur noch Verwunderung aus. Möglicherweise hat man deshalb bei den ja durchweg neo-pietistisch gestrickten Grünen einen Mangel an alltäglicher Religiosität empfunden und den Donnerstag ins Visier genommen: Das wird der „Veggie Day“.

Eine Super-Vorlage für den Wahlkampf der anderen. Deswegen wollen wir hier doch festhalten, dass die Grünen keineswegs ein Gesetz planen, mit dem sie den deutschen Kantinen den Fleischeinsatz am Donnerstag verbieten wollen; sie fordern nur, dass die Kantinen so etwas von sich aus machen sollen. Das steht schon seit drei Monaten im Programm, hat aber jetzt, zum offiziellen Wahlkampfbeginn, nochmal reichlich Wellen gemacht.

Grüne fordern Veggie Day in Kantinen, um das Klima zu schonen

Ein wenig möchten die Grünen schon moralsatt auf den Nerven jener herumtanzen, die ohnehin nie zu ihren Wählern gehören, das ist einkalkuliert. Aber sonst? Der Fleischkonsum sinkt in Deutschland seit Jahren, jede Kantine, die auf sich hält und nicht gerade Bauarbeiter versorgt, hat täglich vegetarische Gerichte im Programm, jeder Pizzawirt lebt etwa zur Hälfte von vegetarischen Gerichten, und viele Studenten essen in einer veganen Mensa – es müsste also durchaus genügen, abzuwarten, wie die Ernährungsgewohnheiten einer jüngeren Generation das Bild auf Dauer verändern. Aber es eilt natürlich, denn der Fleischverzicht soll nebenbei auch noch das Klima retten und die Energiewende befördern und...

Kein Gesetz soll es werden, sondern nur ein Appell an Kantinenwirte

Ein ziemliches Gewicht auf den schmalen Schultern unserer Kantinenwirte, die sich garantiert schon mal ausrechnen, was ihre Gäste am Veggie-Donnerstag so sagen würden zu Tofu-Bratlingen und Tempeh-Gulasch, und in welche Richtung sich der Umsatz dann wohl bewegen mag.

„Man muss nicht jeden Tag zwei Burger essen“, sagt Katrin Göring-Eckardt mit der Autorität der Kirchentagspräsidentin, nö, da hat sie recht, das tut auch kaum jemand. Aber steckt darin nicht auch ganz nebenbei das (politische?) Vorurteil gegen ein Gericht, das zweifellos mehr Gemüse enthält als unsere Currywurst Schranke-Pommes?

Nein, keine Sorge, es kommt kein Gesetz, das würden die Grünen nicht mal mit absoluter Mehrheit hinkriegen. Aber das Gefühl, ständig für irgendwas Buße tun zu müssen – das vermitteln sie überaus gekonnt.

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