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Wahl in NRW: Röttgen versucht von sich abzulenken

Norbert Röttgen will die Wahl in Nordrhein-Westfalen auch zur Abstimmung über Merkels Europakurs machen. Damit zieht er die Kanzlerin in seine Sache hinein.

Das ist ja wohl … – die Höhe. Damit sind Norbert Röttgen und sein Wahlkampf gemeint. Röttgen ist im Nebenberuf Bundesumweltminister, allerdings in der Hauptbeschäftigung zurzeit CDU-Spitzenkandidat für die Wahl in Nordrhein-Westfalen. Und als solcher will er auf den letzten Metern die Abstimmung im bevölkerungsreichsten und industriestärksten Bundesland am kommenden Sonntag auch zu einer Abstimmung über den Europakurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel machen.

Was nun zunächst aussieht wie der Versuch, die Wahl auf eine höhere Bedeutungsebene zu bringen, ist bei genauerem Hinschauen ein Trick, mit dem Röttgen von sich abzulenken hofft. Denn auf reiner Landesebene hat der Christdemokrat schon verloren; da hat die SPD mehr zu bieten. Die Ministerpräsidentin, Hannelore Kraft, bringt nämlich zusammen, was für das Bindestrich-Land nach Johannes Rau von geradezu konstitutiver Bedeutung ist: das Politische und das Menschliche zu versöhnen. Kraft ist durchsetzungswillig, wirkt nicht abgehoben und seit der Tragödie von Duisburg sogar warmherzig, als Landesmutter moderneren Zuschnitts, kurz: wie die Antwort der SPD auf Merkel.

Das alles wissen sie auch in Röttgens Partei. Sie vergleichen ihn mit Hannelore Kraft von der SPD, und das Ergebnis ist, dass in der Landes-CDU, der Intrige nie ganz abhold, wieder zunehmend auf Fehler gelauert wird. Denn aus Sicht etwa der Hälfte der Funktionäre kommt Röttgen von oben herab, sowohl seinerzeit als Kandidat für den Landesvorsitz als auch in seiner Art. Vorbehalte gegen den Rheinländer bestehen fort, und das beileibe nicht nur in Westfalen, zumal er wenig tut, die Distanz durch umso stärkere Einbindung zu überbrücken. In den Augen seiner Gegner dokumentiert er anhaltend seine Ferne von nordrhein-westfälischen Gegebenheiten.

Im Land ist seine Beschreibung als intellektuell nur eine Umschreibung für intransigent. In der Tat ist Röttgen nur schwer zu Kompromissen zu bewegen, weil er seine Politik für die durchdachteste hält. Das hebt die Laune nicht bei allen Wahlkämpfern. Allein ihn scheint das nicht zu verdrießen. Demonstrativ zeigt er stattdessen bei Terminen in Warendorf oder Essen, wie volksnah und beliebt er doch ist.

In diese Gemengelage hinein kommt Röttgens Vorstoß, in NRW mit dem Europathema punkten zu wollen. Als merkte keiner, dass er mit seinem Sparthema im Land nicht den richtigen Nerv trifft. Jetzt soll es auf dem Umweg über Europa zur nationalen Schicksalsfrage gemacht werden. Wenn diese Spekulation mal nicht danebengeht. Immerhin wenden sich gerade in Europa viele vom deutschen Sparzwang ab. Röttgen weiß ja auch noch gar nicht, wie hart Merkel beim Sparen bleibt. In jedem Fall zieht er die Kanzlerin in seine Sache hinein. Verliert er, will wohl er nicht allein die Schuld haben, sondern sie nach oben delegieren. Ob Röttgen sich damit dann als Bundesminister und Bundesparteivize halten kann, wird aber eine Sache der internen Abstimmung sein. Im Land und in der CDU.

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