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Sybille von Obernitz, parteilos.

© dapd

Wirtschaftssenatorin von Obernitz gescheitert: Politik zu fremd, Gegner zu stark

Die Senatorin hat sich mit mächtigen Männern angelegt. Solche Männer mögen es aber gar nicht, wenn man ihnen in die Quere kommt. Sie haben jetzt ihren ersten großen Fehler genutzt und sich ihrer entledigt. Und nun?

Es war zu viel. Das Amt war zu groß für die langjährige Mitarbeiterin der Industrie- und Handelskammer. Die Politik war zu fremd für die parteilose Seiteneinsteigerin – und die Gegner am Ende zu stark. Sybille von Obernitz hat vieles gut gemeint und dann doch zu wenig gut gemacht.

Ihre Art war ihr Verhängnis. Eine relativ junge Frau, die zumeist älteren und eitlen Herren in forschem Ton das Geschäft erklärt. Diese Männer haben jetzt ihren ersten großen Fehler genutzt und sich der Senatorin entledigt. Für die CDU, die sie nominiert hatte, war sie zur Belastung geworden.
Dabei hatte sie gerade Fuß gefasst. Obernitz stellte die Weichen für eine wirtschaftspolitische Strukturentscheidung, die überfällig war – die Fusion der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit der Technologiestiftung. Sei Jahrzehnten wird über die unzulängliche Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft geklagt, die Fusion der beiden Förderinstitutionen ist die richtige Konsequenz.

Die Senatorin wollte sich mehr um die Internetszene kümmern, die sich inzwischen zu einer der weltweit wichtigsten überhaupt entwickelt hat. Auch das ist richtig. Und dass sie als Vertreterin des Senats in der landeseigenen Messegesellschaft das entscheidende Wort bei der Bestellung des neuen Chefs haben wollte, ist eine Selbstverständlichkeit.

Dabei sollte indes der Ton stimmen. Alte Männer nehmen nicht gern von jüngeren Frauen Kommandos entgegen.

Das gilt für den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Berlin Partner, der als Erster wegen Obernitz ging. Das gilt für den Chef der Technologiestiftung und nun für den Aufsichtsrat der Messe Berlin. Der ist aber nicht zurückgetreten, sondern hat seine Truppen in Marsch gesetzt. Man kennt sich in der Branche, und so waren die Funktionäre von Bauernverband (Grüne Woche) und Tourismuswirtschaft (ITB) mit aufgeregten Stellungnahmen zu Diensten: Die Senatorin gefährde den Messeplatz Berlin.

Bildergalerie: Die verbotenen Fotos der Senatorin

Das ist natürlich Blödsinn. Aber so funktionieren Intrigen. Die Führung der Messe Berlin hat alle Fäden gezogen, damit Obernitz stürzt. Aber diese Führung wird jetzt bei der Bestellung des neuen Messechefs unter Beobachtung stehen. Vor allem, wenn der aus den eigenen Reihen kommen sollte.

Gegen das Establishment hatte Obernitz ohne eigene Truppen natürlich keine Chance. Dabei hätte sie mit ihrem Schwung langfristig gutgetan – der drögen Verwaltung, den eingefahrenen Verbandsfunktionären, den selbstgefälligen Förderern in vielen Institutionen und auch den Fürsten in den landeseigenen Betrieben. Schade, das Experiment ist schiefgegangen. Und dafür ist sie selbst maßgeblich verantwortlich. Der Start war schon schlecht, als sie über die vermeintliche Subventionsmentalität in der Wirtschaft klagte. Das ist nun wirklich vorbei nach 20 beinharten Jahren des Strukturwandels in der wiedervereinigten Stadt. Dieser nassforsche Ton in Verbindung mit einer erstaunlichen Beratungsresistenz bedeutete das Aus für die Senatorin.

Und nun? Hoffentlich tritt kein Parteiapparatschik aus der CDU die Nachfolge an. Gerne kann es wieder eine Frau sein, warum nicht? Sie darf sich auch wieder anlegen mit den Herrschaften. Aber sie muss mit ihnen leben, und zwar einigermaßen gut. Im Interesse der Wirtschaft dieser Stadt, die auf einem guten Weg ist. Das ändert sich auch nicht durch das unglückliche Agieren einer Senatorin.

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