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Ruhe und Besinnlichkeit verspricht Weihnachten. Und die wünscht sich auch Wulff - vor allem Ruhe.

© dapd

Wulffs Weihnachten: Stille Macht

Sehen wir am Sonntag bei seiner Weihnachtsansprache wieder den Bundespräsidenten und nicht mehr den mit Worten und Krediten in eigener Sache übergeschickten Landespolitiker, der es ins Schloss geschafft hat?

War’s das jetzt? Ende der Debatte, wie Regierungspolitiker fordern? Manches in den vergangenen Tagen wirkte besinnungslos. Stumm und trotzig blickte Christian Wulff auf die Wellen, die ihn erreichten, überschäumend in mancher Maßlosigkeit, kristallklar in ihren Ausläufern. Er hatte sie kommen sehen, aber aus der Ferne offenbar unterschätzt. Dass Wellen sich aneinander hochschaukeln können, hätte er als ehemaliger Ministerpräsident eines Küstenlandes eigentlich wissen müssen.

Als zentraler Satz seiner späten Stellungnahme wird in Erinnerung bleiben: „Das war nicht geradlinig, und das tut mir leid.“ Eine Entschuldigung. Aber eine Debatte lässt sich nicht per Regierungsweisung beenden, Aufklärung nicht per Präsidialerklärung erledigen.

In seiner Weihnachtsansprache wird Wulff über Rechtsradikalismus und Zusammenhalt sprechen. Große, richtige Themen für eine solche Rede. Sein Satz von der fehlenden Geradlinigkeit klingt zwar noch mit, doch wirkt er, derart relativiert, schon kleiner. Dennoch – oder gerade deshalb – lohnt sich noch mal ein Blick auf seine Erklärung. Denn zwei Aspekte haben es durchaus noch in sich, wichtig genommen zu werden.

Auf mehr als 250 Fragen, so Wulff, habe er geantwortet. Dann aber fügt er hinzu: „Davon viele, die Einzelheiten aus meinem Privat- und Familienleben betreffen.“ Im Folgenden spricht er zwar über den „Grenzbereich zwischen Dienstlichem und Privatem“, über den Amtsträger Transparenz herzustellen hätten, wozu eine Geschäftsbeziehung gehört. Doch hatte er zuvor explizit das Familienleben erwähnt, also eine Abstufung zum Privatleben hergestellt. Offenbar mit Bedacht, denn in Zeitungen und in Fernsehsendungen wird geraunt und gerüchtet, gar unverhohlen gedroht: „Man“ halte es für möglich, war da ganz prominent zu lesen, dass es weitere – bewusst anspielungsreich hervorgehoben – „Enthüllungen“ über den Lebensstil eines Präsidenten gebe, die „selbst einer bunten Republik zu bunt“ wären. Schöne Scheinheiligkeit: eine Aufforderung zum Rufmord. So macht man den Menschen hinter dem Amt kaputt – und das Amt gleich mit.

Der zweite Aspekt betrifft Wulffs Wort von den Freunden: Zu keinem Zeitpunkt habe er „ jemandem einen unberechtigten Vorteil gewährt. Persönliche Freundschaften sind mir, gerade auch menschlich, wichtig“. Was für seltsame Sätze. Unberechtigter Vorteil. Persönliche Freunde. Menschlich wichtig. Niemand sollte sich anmaßen, über die Freunde eines anderen zu richten. Mag der Präsident einen Schrottautoverkäufer, einen Diamantenhändler, einen

Oberfinanzproduktedrücker zu seinen Freunden zählen: seine Sache, auch wenn in der Logik der präsidialen Adjektivitis zumindest ein „windiger“ dazugehört. Wo die Freundschaft eben so hinfällt. Aber so ein Freund, wenn er als tadelloser Ministerpräsident gilt, der verhilft einem schon durch seine seriös wirkende Nähe zu gesellschaftlicher Reputation. Eine Vorteilsgewährung ist das, gewollt oder ungewollt. Sieht Wulff das wirklich nicht?

Das war’s jetzt, Ende der Debatte – für die nächsten paar Tage. Es ist Weihnachten, endlich. Zeit zur Besinnung.

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