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Nun auch noch von Moody's herabgestuft: Zypern steckt in der Bankenkrise.

© dpa

Zyperns Bankenkrise: Wahlkampf als Chance

Es wäre schön, wenn in der Debatte um mögliche Zypern-Hilfen nun endlich die Auseinandersetzung damit beginnt, welche Interessen mit der Euro-Rettung eigentlich bedient werden, meint unser Autor Harald Schumann.

Nun soll also Zypern herhalten. Jetzt auf einmal, im Jahre drei der Schuldenkrise in Euroland, entdecken Deutschlands Parteistrategen, dass da irgendwas schief läuft mit den Krediten für die überschuldeten Staaten der Euro-Zone. Da will die Regierung in Nikosia sich doch tatsächlich 17,5 Milliarden Euro beim gemeinschaftlichen Rettungsfonds ESM leihen, um die aufgeblähten Banken des Ministaats vor dem Zusammenbruch zu bewahren, nachdem diese zuvor in Griechenland viel Geld durch den dort notwendigen Schuldenschnitt sowie die mittels Sparauflagen erzwungene Massenpleite verloren hatten. Dieses Ansinnen, verkünden aber die Sozialdemokraten, sei verwerflich. Denn Zypern, das weiß man ja, ist ein Steuerfluchtzentrum, wo Russlands Aufsteiger ihr Schwarzgeld bei Banken angelegt haben, deren Geschäftsmodell auf „Beihilfe zum Steuerbetrug“ beruhe. Darum werde man der Regierung Merkel die Unterstützung versagen, wenn sie Kredite für Zypern beantrage. Und prompt versprechen die Vorsprecher der Regierungskoalition, dass es für Zypern allenfalls dann Notkredite geben könne, wenn sich dort so ziemlich alles ändere.

Beginnt nun also endlich eine ehrliche Auseinandersetzung darüber, wessen Interessen mit der Euro-Rettung eigentlich bedient werden? Schön wär’s. Doch allzu offensichtlich ist, dass die Steinbrück- Steinmeier-Gabriel-Sozen die Zypernfrage nur taktisch nutzen, um sich im aufziehenden Bundestagswahlkampf rechtzeitig von Merkels Krisenpolitik abzusetzen, die sie bisher, genauso wie die Grünen, bereitwillig unterstützt haben.

Dabei waren alle anderen Rettungskredite für Euro-Staaten mit maroden Banken schon genauso fragwürdig. Auch Irland ist ein Zentrum der organisierten Steuerflucht, wenn auch nicht für Russen, sondern für transnationale Konzerne. Auch dort waren die Banken wegen laxer Regulierung und Besteuerung aufgebläht, allerdings vorwiegend mit dem Geld von deutschen Anlegern, worüber die deutschen Retter bis heute lieber schweigen.

Auch in Spanien wurden Banken gerettet, deren Verluste vor allem durch die korrupten Strukturen der spanischen Politik verursacht wurden. Und auch dort wurden mithilfe des ESM-Kredits alle ausländischen Gläubiger bedingungslos freigekauft, obwohl sie einfach nur schlecht investiert hatten. Freilich war auch das Geld für die spanische Blase vorwiegend aus Deutschland und Frankreich geflossen, ein Umstand, den die jetzt erwachten Skeptiker der Euro-Politik irgendwie immer übersehen. Und selbst für Griechenland stellten die Euro-Retter jüngst 20 Milliarden Euro zur Verfügung, um die Banken zu stabilisieren, ohne dass nur einmal gefragt wurde, bei wem diese Banken verschuldet sind und wem sie allzu großzügig Kredite gegeben hatten.

Jetzt aber, wo vermeintlich nur das Geld russischer Anleger auf dem Spiel steht, will man hart bleiben. Das ist durchsichtige Wahlkampftaktik – und Zyperns Regierende beklagen zu Recht, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird. Gleichwohl birgt die von den Wahlkämpfern angezettelte Debatte eine große Chance. Endlich könnten die Merkel-Kritiker aller Parteien erzwingen, was von Anfang an notwendig gewesen wäre: die vollständige Transparenz darüber, welche schlecht investierten Gläubiger von der Bankenrettung profitieren und wie sie an den Kosten beteiligt werden können.

Für die geplante Bankenunion ist dieses Konzept ohnehin vorgesehen. In Zypern könnte die neue Ehrlichkeit bereits morgen beginnen.

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