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Die Angeklagten im NSU-Prozess

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89. Tag im NSU-Prozess: Ahnungslose V-Leute?

Die Aussage von Mandy S. im NSU-Prozess wirft erneut die Frage auf, wieso die Sicherheitsbehörden durch ihre V-Leute nichts über den Verbleib von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe in Erfahrung bringen konnten.

Von Frank Jansen

Eine der Beschuldigten im NSU-Komplex hat am Mittwoch im Prozess am Oberlandesgericht München zugegeben, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe 1998 geholfen zu haben, sich in Chemnitz zu verstecken.

Ein „Kamerad“ aus der rechten Szene habe bei ihr geklingelt und gefragt, „ob ich drei Leute bei mir schlafen lassen kann, die hätten Scheiße gebaut“, sagte Mandy S., die damals selbst ein Skinhead-Mädchen war. Da sie die drei aber nicht bei sich haben wollte, fiel ihr ein, dass die Wohnung ihres damaligen Freundes Max-Florian B. frei war. Der Freund wohnte bei ihr. In seiner Wohnung kamen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe dann für mehrere Wochen unter.

Die drei Neonazis hatten sich am 26. Januar 1998 aus Jena abgesetzt, als die Polizei in einer von Zschäpe gemieteten Garage Sprengstoff und weiteres Material für den Bau von Rohrbomben gefunden hatte. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen Mandy S. wegen des Verdachts, sie habe eine terroristische Vereinigung unterstützt.

Die leise sprechende Mandy S. erinnerte sich allerdings nur zögernd und bruchstückhaft an Details. Sie habe die drei erst bei Besuchen in der Wohnung von Max-Florian B. kennengelernt. Die Namen will Mandy S. nicht gewusst haben. Die Frau sei herzlich gewesen, auch einen der Männer habe sie als nett empfunden. Doch der andere „sah böse aus“. Mandy S. fühlte sich allerdings verpflichtet, den „Kameraden“ zu helfen.

Flucht nach Amerika?

Sie habe ihre AOK-Karte der Frau gegeben, damit sie wegen Bauchkrämpfen „zum Frauenarzt konnte“. Außerdem habe sie für einen der beiden Männer einen Personalausweis bei der Stadtverwaltung abgeholt. Auf dem manipulierten Dokument soll sich das Foto eines der Männer befunden haben und Daten einer anderen Person. Der Mann habe den Personalausweis gebraucht, um an einen Reisepass zu kommen. Die drei hätten ins Ausland gewollt, „ich glaube, nach Amerika“.

Wussten V-Leute vom Verbleib der Angeklagten?

Mandy S. schilderte zudem, dass in der rechten Szene in Chemnitz bald Gerüchte kursierten, drei Kameraden aus Jena seien in der Stadt untergekommen. Es wurde auch über Straftaten gesprochen, die von den drei vor dem Abtauchen verübt worden sein sollen. Angesichts der Aussage von Mandy S. stellt sich nun erneut die Frage, wieso die Sicherheitsbehörden über ihre V-Leute in der Szene nichts vom mutmaßlichen Verbleib der drei verschwundenen Bombenbastler in Erfahrung bringen konnten.

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