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Beate Zschäpe vor Gericht.

© dpa

Update

90. Tag im NSU-Prozess: Satanismus, Bombenbauanleitung: Die Aussage der Mandy S.

Mandy S. zählt zu den wenigen Zeugen, die trotz ihrer rechtsextremen Biografie beim NSU-Prozess halbwegs offen redet. Sie spricht davon, Beate Zschäpe die Haare blond gefärbt zu haben, will aber nichts von den Morden gewusst haben.

Von Frank Jansen

Die Frau mit den pechschwarzen Haaren berichtet aus einer Parallelwelt. Einer ihrer Liebhaber, ein Mitglied der NPD, „hat mir aus dem Internet eine Bombenbauanleitung mitgegeben“, sagt Mandy S. Die könnte sie doch „immer mal brauchen“. Ein anderer Freund sei in der „satanistischen Schiene“ gewesen, „davor hatte ich Angst“. Der Mann habe „so eine dunkle Seite“ gehabt, „so mit Altar aufbauen“. Im Saal A 101 des Oberlandesgerichts München ist es am Donnerstag still wie selten. Nur die leise Stimme der Zeugin und die Fragen des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl sind zu hören. Der 90. Tag im NSU-Prozess ist einer der gruseligsten. Zumal auf der Empore der Zuschauer vier Neonazis sitzen, in der ersten Reihe. Harte, trotzige Gesichter. Einer hat seinen langen Kinnbart nach Germanenart zu einem dünnen Zopf geflochten.

Mandy S. zählt zu den wenigen Zeugen, die eine rechtsextreme Biografie haben und trotzdem im Prozess offen sprechen. Die 38-jährige Friseurin aus Sachsen will sich offenbar ihre unselige Vergangenheit von der Seele reden. Sie hat schon bei der Polizei umfassend ausgesagt, als sie nach dem Ende des NSU in Verdacht geriet, die Terrorzelle unterstützt zu haben. „Ich wollte die Anschuldigungen von mir weg haben“, sagt die hagere Frau mit dem bleichen Gesicht, „was ich getan habe, habe ich zugegeben“.

Mandy S. schnitt und färbte vermutlich Beate Zschäpe die Haare blond

Das tut sie auch im Prozess. Am Mittwoch hat Mandy S. bereits dem 6. Strafsenat geschildert, wie sie 1998 in Chemnitz von einem „Kameraden“ gebeten wurde, die gerade untergetauchten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe bei sich schlafen zu lassen. Die drei kamen dann in der Wohnung des Freundes von Mandy S. unter. Und sie ging zur Stadtverwaltung Chemnitz, um einen mit falschen Angaben beantragten Ausweis für Uwe Böhnhardt abzuholen. Die Behörde wurde zuvor mit einem Foto von Böhnhardt und der Geburtsurkunde eines anderen Neonazis getäuscht. Am Donnerstag erzählt Mandy S. auch, es könnte sein, dass sie Beate Zschäpe die Haare geschnitten und blondiert hatte. „Ich weiß noch, dass sie schöne Locken hatte“, sagt die Friseurin und lacht kurz. Zschäpe blickt ungerührt, dann flüstert sie ihrer Anwältin etwas ins Ohr.

Von den manipulierten Papieren, die Beate Zschäpe mutmaßlich genutzt hat, will Mandy S. jedoch erst nach dem Ende des NSU erfahren haben. Der Strafsenat zeigt am Donnerstag die Tierhalter-Ausweise für die beiden Katzen Zschäpes, jedes Mal ist der Name der Zeugin eingetragen. Ebenso wie bei den Mitgliedsauweisen von zwei Tennis-Clubs aus den Regionen Nürnberg und Hannover. Davon habe sie nichts gewusst, sagt Mandy S., dann bricht es aus ihr heraus: „Ich weiß von keinen Morden, keinen Raubüberfällen“. Das ist auch nicht auszuschließen. In Ermittlerkreisen heißt es, das Verfahren gegen Mandy S. wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung werde vermutlich eingestellt. Die Taten von 1998 sind verjährt, später wurde die Friseurin möglicherweise instrumentalisiert, ohne es zu ahnen.

Ermittler halten Verbindung zu NSU für möglich

Bei ihrer Aussage wirkt Mandy S. wie eine Frau, die als naives Skinhead-Mädchen der männerdominierten Szene nicht gewachsen war. Auch nicht als sie sich zunehmend politisierte und sogar Briefe an inhaftierte Neonazis schrieb. Ihre Männerfreunde beschreibt Mandy S. als widerwärtige Figuren – gewalttätig, große Klappe, satanistische Neigungen, Bombenbauanleitung, Bedrohung mit einer Waffe in der heimischen Küche. Und die Geschichten aus dem dunkelbraunen Milieu stärken den Verdacht, in Nürnberg könnten Rechtsextremisten den NSU unterstützt haben. In der Stadt haben Mundlos und Böhnhardt drei Türken erschossen und  einen Sprengstoffanschlag auf das von einem Türken betriebene Lokal verübt.

Ermittler vermuten schon lange, Neonazis aus der 2004 verbotenen „Fränkischen Aktionsfront (FAF)“ könnten der Terrorzelle geholfen haben. Mandy S. lernte eine Führungsfigur und weitere Personen aus dem Umfeld der FAF kennen, als sie von 2002 bis 2003 nahe Nürnberg arbeitete und mit einem Rechtsextremisten liiert war. Dass sich darüber eine Verbindung zum NSU ergeben haben könnte, halten Ermittler für möglich – beweisen lässt es sich jedoch nicht. Mandy S. betont, sie habe keinerlei Bezug mehr zur rechten Szene.        

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