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Davon träumt die AfD. (Die AfD legt großen Wert auf die Feststellung, dass dieses Bild nicht auf einer AfD-Demo entstanden ist, sondern auf einer Pro-Köln-Demo. Vom gezeigten Inhalt distanzieren will sie sich allerdings nicht.)

© dpa

AfD und Islam: Über Religionsfreiheit darf man nicht streiten

Die AfD will mit Islamfeindschaft punkten. Der Islam sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Für die Union kann das nur heißen: Kontra geben, klare Kante zeigen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Die „Alternative für Deutschland“ hat sich von einer rechtspopulistischen Partei, die ins bürgerliche Milieu schielte, zu einer islamfeindlichen Partei gewandelt. Sie sitzt in einem Boot mit Le Pen, Geert Wilders und Donald Trump. Der Islam wird von führenden AfD-Vertretern pauschal als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar bezeichnet, als ein „Fremdkörper“ in Deutschland. Auf ihrem Parteitag in zwei Wochen in Stuttgart soll der Anti-Islamkurs festgeschrieben werden. Symbole des Islam wie Minarette, den Ruf des Muezzins und die Vollverschleierung will man verbieten. Spätestens jetzt weiß jeder, woran er mit der AfD ist.

Auch die Union weiß es. Da gibt’s kein Ranrobben oder Beschwichtigen mehr, kein Verlorene-Seelen-Geheul oder Fleisch-vom-eigenen-Fleisch-Gemunkel. Über Europa lässt sich streiten, über die Zahl der Flüchtlinge auch. Aber ein Grundrecht wie die Religionsfreiheit, verbunden mit dem Bekenntnis der Kanzlerin, dass der Islam zu Deutschland gehöre, steht nicht zur Disposition. Wer die Frage, ob Muslime in Deutschland ein Recht auf Minarett- oder Moscheebauten haben, in den ergebnisoffenen Raum stellt, erweist sich als kontaminiert vom freiheitsfeindlichen Zeitgeist.

Denn die Islamfeindschaft der AfD fällt ja durchaus auf fruchtbaren Boden. Laut Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung dominiert in weiten Teilen Deutschlands ein Negativbild über den Islam. Er wird als gewalttätig, intolerant und repressiv wahrgenommen. 57 Prozent der Nicht-Muslime empfinden ihn als Bedrohung, 61 Prozent meinen, er passe nicht in die westliche Welt. Längst sind islamfeindliche Topoi vom Rand der Gesellschaft in deren Mitte gewandert. Harmlos ist die Debatte keineswegs.

Angela Merkel sollte eine Moschee in Deutschland besuchen

Ihre Perfidie bezieht sie aus der Kombination von Xenophobie und Humanität. Besonders augenscheinlich wird das, wenn ausgerechnet jene, denen Homophobie, Antisemitismus und Frauenunterdrückung normalerweise egal sind, genau diese Elemente am Islam anprangern. Homo-Ehe? Nicht mit uns!, sagt die AfD und beklagt sich gleichzeitig bitterlich über die Schwulenfeindschaft von Muslimen. Und erklärte konservative Anti-Feministinnen beschweren sich lauthals über deren reaktionäres Frauenbild. Es ist grotesk.

Für die Union kann das nur heißen: Kontra geben. Jegliches Liebäugeln mit Verschleierungs-Verbots-Initiativen – Julia Klöckner und Jens Spahn dürfen als gefährdet gelten – sollte unterbleiben. Schon um ein klares Signal auszusenden, wird es höchste Zeit, dass Angela Merkel eine Moschee in Deutschland besucht. Im Unterschied zu anderen westlichen Regierungschefs – Barack Obama, Francois Hollande, David Cameron – hat sie das noch nie getan.

Schließlich spielt, wer den religiösen Kulturkampf propagiert, den Feinden der Demokratie in die Hand. Die Devise islamistischer Terroristen heißt ja: Islam und Westen sind inkompatibel. Sie zu übernehmen, vertieft die Kluft, befördert die Radikalisierung von Muslimen. Die AfD scheint das in Kauf nehmen zu wollen. Sie gießt Benzin ins Feuer, weil sie hofft, als Feuerwehr gerufen zu werden. Das ist billig, töricht und brandgefährlich.

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