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Der Europaabgeordnete der AfD, Hans-Olaf Henkel (l-r), der AfD-Parteichef Bernd Lucke und der Landesvorsitzende und Spitzenkandidat der Hamburger AfD, Jörn Kruse, beim Wahlkampfendspurt der AfD in Hamburg (v.l.n.r.).

© Axel Heimken/dpa

AfD vor der Hamburg-Wahl: „Das seriöse Programm ist der Deckmantel“

Nach jüngsten Umfragen könnte die "Alternative für Deutschland" (AfD) bei der Wahl in Hamburg die Fünf-Prozent-Hürde nehmen. Anwältin und Buchautorin Liane Bednarz über die Taktik der AfD

Frau Bednarz, der Spitzenkandidat der AfD in Hamburg, Jörn Kruse, sagt, er sei ein Liberaler. Stimmt das?

Selbstbild und Fremdbild müssen ja nicht immer deckungsgleich sein. Wie man sich liberal nennen kann, ohne sich als Landesvorsitzender einer Partei, die derart illiberale Ansichten wie die AfD vertritt, offensiv gegen diese zu Wehr zu setzen, wird Kruses Geheimnis bleiben. Das gilt etwa hinsichtlich der von den National-Konservativen propagierten Drei-Kind-Familie zum Zweck des „Überlebens des eigenen Volks“ und der flagranten Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. Außerdem legt er Wert darauf, er sei kein Politiker, sondern nur ein engagierter Bürger, der die direkte Demokratie stärken will.

Was ist davon zu halten?

Wenn man weiß, dass die Inszenierung gegen „die da oben“ ein typisches Motiv rechtspopulistischer Parteien ist, wundert Kruses Versuch nicht. Auch dass er bei einem Wahlkampfauftritt in Niendorf geschickt Ressentiments gegenüber Migranten und Flüchtlingen bedient hat, ohne dabei ausdrücklich einen Tabubruch zu begehen, spricht nicht gerade für einen einfachen „engagierten Bürger“.

Hans-Olaf Henkel und Jörn Kruse haben sich unlängst in einem Brief „an die Verantwortungsvolle Hamburger Bürgerschaft“ darüber beschwert, dass die Altparteien und die Medien die AfD von vornherein in die rechte Ecke gestellt hätten. Haben Sie diese Art Voreingenommenheit auch registriert?

Kruse hat sich im Oktober 2014 selbst den Ärger einiger Parteifreunde zugezogen, weil er ehemalige Mitglieder der rechtspopulistischen Schill-Partei dabei unterstützt hatte, in der AfD nach vorne zu kommen. Insgesamt vier Mitglieder des Landesvorstands traten deshalb zurück. Da braucht es gar keine Voreingenommenheit, um skeptisch zu sein.

Die AfD sei nicht einmal im Ansatz rassistisch, sagt der Hamburger AfD-Mann. Was sagen Sie? Und gibt es da vielleicht einen Unterschied zu der Gruppe um Alexander Gauland?
Die AfD ist noch so klein, dass man von klaren Konturen kaum sprechen kann; die Verbände sind bunt gemischt. Das zeigen Fälle wie der von Claus Döring, Gründungsmitglied der AfD Hamburg, der nach der fremdenfeindlichen „HoGeSa“-Demonstration behauptete, er habe sich im „Kölner Kessel dieser linksgrünen Bananen-Diktatur“ befunden.

Liliane Bednarz ist Autorin des eBooks „Deutschland dreht durch – Die Wahrheit über die AfD“
Liliane Bednarz ist Autorin des eBooks „Deutschland dreht durch – Die Wahrheit über die AfD“

© Promo

Die AfD spricht manche Themen an, die auch andere Parteien im Wahlprogramm haben – die Zuwanderung soll geregelt werden, Bildung reformiert. Das hört sich ja nicht unvernünftig an.
Das betont seriöse Programm ist der Deckmantel, mit dem man auf die Mitte zielt. Die Aussagen vieler AfD-Politiker sprechen aber eine andere Sprache. So hat auf dem Pegida-Ableger „MVGida“ ein Hamburger Bürgerschaftskandidat Gegendemonstranten als „neue SA, gesteuert und bezahlt von unseren Steuergeldern aus dem Familienministerium“ bezeichnet, die „im Auftrag der Regierung“ als „Leibstandarte Adolphine Schwesig“ Demonstranten „prügeln“ dürfen. Hinter dieser Taktik steckt der Versuch, am Rand und in der Mitte gleichermaßen zu fischen.

Ist die AfD eine Alternative für Hamburg?
Nach den Erfahrungen mit der Schill- Partei werden die Hamburger Wähler vermutlich skeptisch sein. Die Kandidaten der Hamburger AfD, darunter der Ex-Innensenator der Schill-Partei, Dirk Nockemann, sowie der Ex-Landesvorsitzende der rechten „Freiheit“, Jens Eckleben, dürften gerade liberale Wähler abschrecken.

Das Gespräch führte Stephanie Nannen. Liane Bednarz ist Rechtsanwältin. Daneben ist sie publizistisch tätig. Im Feuilleton der katholischen Tagespost hat sie diverse Essays veröffentlicht. Ihre politischen Beiträge wurden im Tagesspiegel und im European publiziert. Zusammen mit Christoph Giesa hat sie das eBook „Deutschland dreht durch – Die Wahrheit über die AfD“ verfasst.

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