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Jörg Meuthen (r.) beglückwünscht Alexander Gauland zum Co-Vorsitz der AfD.

© REUTERS

AfD-Vorsitzende Gauland und Meuthen: Die Doppelspitze der Höcke-Beschützer

Nicht mehr nur der heimliche Vorsitzende: Alexander Gauland inszeniert sich als Retter der Partei - und rückt die AfD damit weiter nach rechts.

Er hat es spannend gemacht. Hat seine Kandidatur ins Spiel gebracht, zwischenzeitlich doch abgelehnt – und ist ganz am Ende konkurrenzlos gewählt worden: Die AfD hat am Samstagabend ihren Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland zu ihrem neuen Parteichef gekürt. Eigentlich habe er den Posten nicht gewollt, sagt Gauland kurz nach seiner Wahl – wie immer in Hundekrawatte und Tweed-Sakko. Doch dann sei die AfD in eine Situation geraten, „die nicht lebensgefährlich, aber gefährlich war“. Die Botschaft des 76-Jährigen ist klar: Er musste es für die Partei tun.

Die AfD hat bei ihrem Parteitag am Wochenende in Hannover einen Wahlkrimi erlebt, mit dem auch die gut 550 Delegierten nicht gerechnet hätten. Dabei schien noch am Anfang dieser Woche die Sache klar: Der bisherige Parteichef Jörg Meuthen, der die AfD seit dem Austritt seiner Co-Vorsitzende Frauke Petrys alleine geführt hatte, wollte wieder antreten. Am Dienstag erklärte der gemäßigte Berliner Landeschef Georg Pazderski seine Kandidatur. Und zunächst gab es darauf in der AfD auch positive Reaktionen. Ein Duo aus Meuthen und Pazderski schien gesetzt.

Dann machte der nationalistische „Flügel“ um AfD-Rechtsaußen Björn Höcke jedoch klar, was er von Pazderskis Kandidatur hält: wenig. Beim „Flügel“ ist Pazderski schlecht gelitten, weil er sich im Bundesvorstand häufiger auf die Seite von Ex-Parteichefin Petry gestellt hatte. Zudem will er die AfD koalitionsfähig machen und die Partei klar nach rechtsaußen abgrenzen. Und so sickerte durch, dass Gauland antreten könnte, um Pazderski zu verhindern. Er steht dem „Flügel“ nahe und hatte über Höcke stets eine schützende Hand gehalten.

Obwohl die Ausgangslage auf einen Showdown, eine Kampfkandidatur zwischen Meuthen und Pazderski hindeutete, zeichnete sich kurz vor Beginn des Parteitages eine Einigung ab. Meuthen, der dem „Flügel“ ebenfalls nahe steht, wollte mit Pazderski einen Deal machen, eine Spitze mit ihm unter bestimmten Bedingungen doch eingehen. Auch Gauland hätte das wohl akzeptiert. Nur dem „Flügel“ passte dieses Bündnis nicht, wie am Samstagabend schließlich klar wurde.

Meuthens Bewerbungsrede wirkt schlecht vorbereitet

Nach einer ausufernden Satzungsdebatte hielt zunächst Meuthen seine Bewerbungsrede. Er wirkte schlecht vorbereitet, schaffte es nicht, seine Rede in der Zeitbegrenzung von fünf Minuten zu halten. Seine Parteifreunde wählten ihn mit 72 Prozent zum Parteivorsitzenden – ein wenig glanzvolles Ergebnis.

Und dann kam der entscheidende Moment: die Wahl des zweiten Parteichefs in der traditionellen AfD-Doppelspitze. Doch gegen Pazderski trat plötzlich eine Frau an, mit der in der AfD kaum jemand gerechnet hätte: die adelige Anwältin und Sportschützin Doris von Sayn-Wittgenstein. Sie ist Landeschefin in Schleswig-Holstein und eine glühende „Flügel“-Anhängerin.

Überraschungskandidatin: die schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein.
Überraschungskandidatin: die schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein.

© Julian Stratenschulte/dpa

Während Pazderski eine wenig flammende Rede hielt, traf Sayn-Wittgenstein einen Ton, der auf dem Parteitag für Stimmung sorgte. Als sie lautstark einen tätlichen Angriff auf einen AfD-Bundestagsabgeordneten anprangerte, skandierten zahlreiche Parteitagsdelegierte „Doris, Doris“. Und Sayn-Wittgenstein – blonde Hochsteckfrisur, graue Strickjacke – rief als Antwort auf den koalitionswilligen Pazderski: „Ich wünsche nicht, dass ich Koalitionsgespräche anbieten muss, sondern dass die anderen uns um Koalitionsgespräche anbetteln.“

Trotz Sayn-Wittgensteins scharfer Rede erwarteten nur wenige, dass sie sich gegen Pazderski durchsetzen würde. Dennoch lag sie in der Abstimmung schließlich knapp vorn. Für eine Mehrheit reichte es aber nicht. Bei einer anschließenden Stichwahl lag dann Pazderski knapp vorn, doch auch er blieb ohne Mehrheit.

Und so trat Gauland auf den Plan. Nach einer kurzen Pause waren Sayn-Wittgenstein und Pazderski soweit, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Gauland war nun der einzige Kandidat, versprach in seiner Rede, die Partei zu einen und wurde mit knapp 68 Prozent gewählt. Und so hat die AfD ihren heimlichen Parteivorsitzenden auch zu ihrem offiziellen gemacht. Für die Partei bedeutet das, dass nun in ihrer ersten Reihe zwei Rechtsnationale stehen. Zwei Männer, die das Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke ablehnten und wohl auch in Zukunft wenig Interesse an Abgrenzung von Radikalen haben werden. Für den „Flügel“ ist dieses Ergebnis ein Geschenk. Die AfD-Spitze, sie ist ein weiteres Mal nach rechts gerückt.

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