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US-Präsident Donald Trump und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Souvenirladen in Moskau.

© dpa/Kay Nietfeld

Angela Merkel und Donald Trump: Besuch bei einem einsamen alten Herrn

US-Präsident Donald Trump hat reichlich innenpolitische Probleme. Die Bundeskanzlerin wird es daher schwer haben, mit ihrer Sicht der Lage durchzudringen. Eine Analyse.

Für die deutschen Medien gehört der erste Besuch der Bundeskanzlerin beim neuen US-Präsidenten zu den großen Themen der Woche. Es gehe darum, das Interesse der USA an Deutschland und Europa wach zu halten und zu verhindern, dass Donald Trumps Devise "America First" in der Handels- und Steuerpolitik zu einem Wirtschaftskrieg eskaliere. Die Tonlage in den Kommentaren und Analysen reicht von besonnenen Mahnungen zu rationaler Interessenvertretung und Diplomatie bis zu überheblichen Vorschlägen, Angela Merkel solle Trump Manieren beibringen, als sei der ein störrisches Kind.

Kritik am Feuern von 46 Staatsanwälten

Für die amerikanischen Medien, aber auch für Gastgeber Donald Trump ist Angela Merkels Stippvisite nur eine kurze Ablenkung von den vielen innenpolitischen Themen. Und die sind zumeist wenig erfreulich für den 70-Jährigen. Auch gegen seinen zweiten Anlauf, die Einreise von Muslimen zu erschweren, haben einzelne Bundesstaaten und Bürgerrechtsorganisationen Klage eingereicht.

Trumps Entscheidung, 46 Staatsanwälte zu feuern - darunter Preet Bharara, der in New York darüber wacht, dass Wall-Street-Firmen die Gesetze einhalten -, hat Stirnrunzeln ausgelöst. Sein Vorgehen hat auch erneut Fragen provoziert, ob er dabei die Regeln der Ethik und der Gewaltenteilung einhält.

Bei der Gesundheitsreform hält er sich zurück

Bei der Umsetzung seines zentralen Wahlkampfversprechens, die Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama rückgängig zu machen, fällt auf, dass der Präsident sich zurückhält und es den Republikanern im Kongress überlässt, Druck aufzubauen. In den eigenen Reihen trifft das Projekt auf frühen Widerstand. Nach vorsichtigen Schätzungen würden zwei bis vier Millionen Bürger ihre Krankenversicherung verlieren; in der dramatischeren Vorausschau könnte die Gesundheitsversorgung von bis zu 15 Millionen gefährdet sein.

Hinter fast allen Konflikten steht die Frage, inwieweit der Staat in das Leben der Bürger eingreifen oder ob er sich zurückhalten solle. Und wie viele Angestellte er folglich benötige. Am Donnerstag will Trump seinen Entwurf des Staatshaushalts vorstellen und die Zahl der Staatsbediensteten deutlich reduzieren.

Die Regierungbildung kommt kaum noch voran

Allmählich fällt auf, dass Trump beim Zusammenstellen seiner Regierung nur sehr langsam vorankommt. Siebeneinhalb Wochen nach seinem Amtsantritt fehlt in mehreren Ministerien der Minister. Selbst wichtige Ressorts wie das State Department müssen ohne stellvertretende Minister, Staatssekretäre und Abteilungsleiter auskommen. Die "New York Times" fragt, ob er das Interesse an dem Ernennungsprozess verloren habe oder auch hier seine Verachtung für den Staat auslebe.

Außenminister Tillerson reist noch am Dienstag nach Asien, hat aber kaum Führungspersonal in seinem Ministerium, das während seiner Abwesenheit die Geschäfte erledigt. Auch er erntet Negativschlagzeilen; um den Aufwand gering zu halten, hat er sich entschlossen, keine Journalisten mitzunehmen.

Wie erreicht Merkel Trumps Ohr?

So sind Angela Merkels wenige Stunden bei Donald Trump nicht viel mehr als eine Gelegenheit, ihm die deutsche Perspektive auf die Welt näher zu bringen - in der Hoffnung, dass er seine Ohren angesichts seiner innenpolitischen Herausforderungen bei Fragen der Außenpolitik nicht auf Durchzug stellt.

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