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"Der Schlange den Kopf abschlagen": Saudi-Arabiens König Abdullah (vorn) wählt laut Wikileaks im Zusammenhang mit dem Iran deutliche Worte.

© AFP

Wikileaks-Enthüllungen: Araber forderten von USA Angriff auf Iran

Die durch Wikileaks enthüllten Depeschen amerikanischer Diplomaten legen nahe: Die Staatschefs Saudi-Arabiens, Bahrains und Jordaniens forderten die USA mehrfach auf, Iran anzugreifen.

Auch diesmal hatten Medien aus mehreren Ländern die Wikileaks-Dokumente, die jetzt nach und nach unter http://cablegate.wikileaks.org/ veröffentlicht werden, vorab zur Auswertung erhalten. Ihre Darstellungen, welche Inhalte brisant sind, variieren nach dem nationalen Interesse. Während der „Spiegel“ die Bewertungen deutscher Politiker durch US-Diplomaten in den Vordergrund stellt (siehe Bildergalerie etwas weiter unten auf dieser Seite), konzentriert sich die „New York Times“ – aber auch der britische „Guardian“ – auf die schwierige Rolle der US-Außenpolitik in islamischen Ländern. Häufig sind deren Führer offiziell Verbündete, in der Praxis aber schwierige Partner, und manche betreiben ein Doppelspiel.

Die Führer Saudi-Arabiens, Bahrains und Jordaniens haben die USA hinter verschlossenen Türen mehrfach zum Angriff auf den Iran aufgefordert. Aus Rücksicht auf die heimischen Bürger beschwören sie dagegen öffentlich die Solidarität muslimischer Gesellschaften und stellen die USA und Israel als Kriegstreiber hin. Der saudische König Abdullah sagt über Iran: „Der Schlange muss der Kopf abgeschlagen werden.“ Ägypten und die Arabischen Emirate sehen im Iran die „Macht, die uns in den Krieg zieht“. Die Dokumente belegen zahlreiche abfällige Äußerungen des saudischen Königs über Iraks Regierungschef Nuri al Maliki und Pakistans Präsidenten Asif Ali Zardari.

Saudis sind demnach weiterhin die Hauptgeldgeber für militante sunnitische Gruppen bis hin zu Al Qaida, die die USA und den Westen bekämpfen. Das Emirat Quatar möchte einerseits von der Rolle als Stützpunkt für US-Militär profitieren, habe sich aber im vergangenen Dezember geweigert, gegen islamische Extremisten vorzugehen.

Nur eine Woche, nachdem Syriens Präsident Baschir Assad den USA versprochen hatte, der radikalislamischen Hisbollah im Libanon keine Waffen mehr zu geben, um die Beziehungen zu Washington zu verbessern, entdeckten US-Diplomaten einen neuen Transport hochmoderner Waffen an die Hisbollah.

Weit peinlicher als für die USA sind solche Enthüllungen für die genannten Partner Amerikas. Denn sie stellen das Doppelspiel dieser Herrscher vor ihren eigenen Völkern bloß.

Auch Afghanistan und Pakistan sind oft unzuverlässige Verbündete. Die Dokumente liefern zahlreiche Belege für Korruption im engsten Umkreis von Präsident Hamid Karsai in Kabul. Über seinen Halbbruder Ahmed Wali Karsai heißt es: „Wir müssen uns mit ihm als Kopf der Provinzregierung abfinden. Aber es ist allgemein bekannt, dass er korrupt und ein Drogenschmuggler ist.“ Von Ex-Vizepräsident Ahmed Zia Massud wird berichtet, er habe beim Besuch in den Arabischen Emiraten nach Erkenntnis der US-Drogenfahndung 52 Millionen Dollar in bar dabei gehabt, deren legale Herkunft er nicht belegen konnte. Die Erkenntnisse über solche korrupten Figuren sind nicht durchweg neu. Sie waren auch schon, zum Teil in ähnlichen Worten oder mit den selben Beispielen, in Zeitungsberichten sowie in Büchern zu lesen wie dem jüngsten Werk von Bob Woodward über Präsident Obamas Krieg in Afghanistan.

Seit 2007 sucht Pakistan „in einem gefährlichen Machtkampf“ immer neue Ausflüchte, um zu verhindern, dass die USA hoch angereichertes Uran aus einem Forschungsreaktor sicherstellen. Die USA befürchten, dass es für eine illegale Bombe abgezweigt werden könnte. Im Mai 2009 berichtete Botschafterin Anne Patterson, zum Beispiel, Pakistan weigere sich, einen Termin für den Besuch amerikanischer Nuklearexperten festzulegen, weil dies auf die lokale Bevölkerung so wirken könne, als wollten die USA Pakistan seine Atomwaffen rauben.

Die Dokumente belegen zudem Erkenntnisse der USA, wie die chinesische Regierung seit Jahren Hacker und verdeckt operierende Sicherheitsdienste rekrutiere, um in Datenbanken des Dalai Lama, des Internetriesen Google sowie der USA und ihrer Verbündeten einzudringen, sie auszuspionieren oder auch zu sabotieren. Diese Direktiven seien aus dem chinesischen Politbüro gekommen.

Auch zum Konflikt mit Nordkorea gibt es aktuelle Erkenntnisse: Diplomaten Südkoreas und der USA haben Pläne diskutiert, wie sie auf einen Zusammenbruch des Regimes im Norden reagieren, falls dessen Wirtschaft kollabiere oder es zu dessen Sturz im Zuge der Herrschaftsübergabe von Vater Kim an den Sohn komme. Manches klingt wie eine Kopie der deutschen Politik nach dem Sturz des Kommunismus in Osteuropa. Südkorea wolle China großzügige finanzielle Hilfe und Wirtschaftskooperation anbieten, um Peking die Ängste vor einem wiedervereinten Korea zu nehmen, das im engen Bündnis mit den USA stehe.

Die „New York Times“ zitiert auch Dokumente, die zeigen, wie die USA Druck auf kleine Länder wie Belgien, Slowenien und Kiribati ausüben, damit diese Guantanamo-Insassen bei sich aufnehmen. Der slowenischen Führung wurde eine Begegnung mit Präsident Barack Obama angeboten, Kiribati mehrere Millionen Dollar Entwicklungshilfe, falls es chinesische Muslime akzeptiere – und Belgien damit umworben, dies sei „ein preiswerter Weg, um eine prominente Stellung in Europa zu erringen“.

2009 berichteten US-Diplomaten aus Rom über ein äußerst enges Verhältnis des italienischen Premiers Berlusconi mit seinem russischen Kollegen Putin. Es gehe weit über die Politik hinaus und schließe „lukrative Energieverträge“ und „teure Luxusgeschenke“ ein.

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