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Türen öffnen sich, sie können aber auch zugeschlagen werden. Die Ukraine und Präsident Poroschenko suchen Annäherung an die EU mit Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso.

© dpa

Assoziierungsabkommen: Die Ukraine ist in Europa willkommen - ein bisschen

Am Dienstag soll das Assoziierungsabkommen ratifiziert werden. Ein EU-Beitritt liegt für die Ukraine jedoch in weiter Ferne - und nun wurde auch noch das geplante Freihandelsabkommen um 15 Monate verschoben.

Der ukrainische Präsident ist als Mann des Ausgleichs bekannt – doch Petro Poroschenko kann auch fordern. „Es wäre unhöflich von der EU, uns die Mitgliedschaft zu verweigern“, sagte er am Freitag bei einer Konferenz in Kiew ungewohnt direkt an Martin Schulz gewandt. Einen Moment schaute er den EU-Parlamentschef an. Es war Poroschenko anzumerken, dass er eine ehrliche Antwort erwartet. Der deutsche Sozialdemokrat gab daraufhin jedoch lediglich zu, dass Europa zu lange geglaubt habe, Putin würde nach der Annexion der Krim wieder von der Ukraine ablassen. „Nun steht aber zu befürchten, dass auch andere europäische Staaten angegriffen werden“, sagte Schulz.

Die „Yalta European Strategy“-Konferenz, kurz „Yes“ trägt den Schwarzmeer-Kurort Yalta im Namen und musste diesmal doch in Kiew ausgetragen werden. Doch nicht nur der Ort der Veranstaltung war so ganz anders als in den Jahren zuvor. Schon die Schweigeminute zu Beginn erinnerte alle daran, dass im Osten der Ukraine immer noch Menschen ihr Leben verlieren.

Die EU-Vertreter, angeführt von Parlamentspräsident Martin Schulz, dem Staatschef Estlands sowie einer Reihe hochrangiger EU-Politiker wie den Parlamentariern Rebecca Harms (Grüne) und Elmar Brok (CDU) machten deutlich, wie wichtig es geworden ist, die Ukraine nun nicht mehr nur mit Worten, sondern auch mit Taten zu unterstützen.

Konkrete Beitrittsperspektive ist nicht auszumachen

Petro Poroschenko erinnerte im Mystetski Arsenal, wo gewöhnlich Kunstausstellungen und Konzerte stattfinden, daran, dass er bislang jedes Jahr an der Konferenz teilgenommen habe, „doch ich habe vergangenes Jahr nicht im Traum daran gedacht, dass wir uns dieses Jahr in Kiew treffen und ich die Ukraine führe“. Der ukrainische Präsident betonte, dass es für ihn im Konflikt mit den pro-russischen Separatisten „keine andere Möglichkeit der Lösung der Krise gibt als den Dialog“.

Da eine konkrete Beitrittsperspektive der Ukraine in die Europäische Union nicht auszumachen ist, wollen die EU und Poroschenko nun die Ratifizierung des Assoziierungsabkommens zu einem möglichst medienwirksamen Ereignis aufwerten. Sie werde zu einem „weltweit beachteten Event“, sagte Poroschenko. So werde die Rada, das ukrainische Parlament, das Abkommen zeitgleich ebenfalls verabschieden, via Videobrücke werde man „der Welt unsere Einigkeit demonstrieren“.

Allerdings ist man sich in Brüssel noch immer nicht einig. Rebecca Harms, Fraktionschefin der Grünen, verlangt von der EU mehr Ehrlichkeit: „Ich hätte mir gewünscht, Martin Schulz hätte die russische Landnahme als das benannt, was es ist, als kriegerischen Akt.“ Ex-Außenminister Joschka Fischer, wurde noch deutlicher: „Ich kann dem Westen nur raten, bloß nicht die Fehler von 2005 zu wiederholen. Die Ukraine braucht jetzt unsere politische und wirtschaftliche Unterstützung“, sagte Fischer dem Tagesspiegel.

Freihandelsabkommen soll um 15 Monate verschoben werden

Und auch aus Brüssel kommen unterschiedliche Signale. So will die Europäische Union die geplante Umsetzung eines geplanten Freihandelsabkommens mit der Ukraine um 15 Monate verschieben. Der Vertrag solle erst Ende 2015 in Kraft treten, erklärte EU-Handelskommissar Karel de Gucht am Freitag nach Gesprächen mit ukrainischen und russischen Ministern. Die EU reagierte damit auf Russlands Kritik an dem Freihandelsabkommen. Nach Angaben von de Gucht soll die ukrainische Wirtschaft bis zur Umsetzung des Freihandelsabkommens jedoch von einer Ausweitung der Vorzugszölle auf ukrainische Güter profitieren.

Zweiter russischer Hilfskonvoi passierte offenbar die Grenze zur Ostukraine

Wie schnell die Ukraine-Krise unerwartete Volten schlagen kann, zeigte sich am späten Freitagabend. Ein zweiter russischer Hilfskonvoi passierte offenbar die Grenze zur Ostukraine. 35 Lastwagen seien nach der Abfertigung durch den Zoll und den Grenzschutz in das Nachbarland gefahren, sagte ein Sprecher der südrussischen Zollbehörde der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Moskau hatte vor drei Wochen einen ersten Hilfskonvoi ohne umfassende Absprache mit Kiew in die von prorussischen Rebellen kontrollierten Gebiete geschickt und damit den Zorn Kiews auf sich gezogen.

Während Präsident Poroschenko die Krise dennoch im Dialog lösen will, gibt sich die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko kämpferisch. In den vergangenen Jahren wurde auf der Yes-Konferenz mehrfach ihre Freilassung gefordert. Nun freute sich Timoschenko, „endlich wieder bei euch zu sein“. Dann machte sie klar, dass bei einem Scheitern der Friedensgespräche und für den Fall, dass Putin sich nicht an Abmachungen hält und die Ostukraine weiter destabilisiert, „die freie Welt nicht einfach zuschauen darf“.

Für ihre Position bekam Timoschenko viel Unterstützung. Der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves warnte, in den baltischen Staaten breite sich bereits heute „ein Unbehagen aus, dass Putin seine ,grünen Männchen’ auch zu uns schicken kann“. In einem solchen Fall erwarte er den Einsatz des Westens. Nicht ausgesprochen, aber gemeint waren mit diesem Satz Nato-Truppen. Damit spielte er Timoschenko den Ball wieder zu. Sie sagte: „Wir müssen uns heute eingestehen, dass die Abgabe unserer Atomwaffen 1993 ein großer Fehler gewesen ist.“

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