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Politik: Atommacht ohne Kontrolle

In China wurde giftiges Cäsium versehentlich eingeschmolzen

Mehr als eine Woche war in der chinesischen Provinz Shaanxi eine Stahlkugel mit radioaktivem Cäsium verschwunden gewesen. Diebe hatten die Kugel aus dem Lager einer Baufirma gestohlen. Nach einer Großfahndung durch Spezialeinheiten der Armee entdeckten die Behörden das gefährliche radioaktive Material – eingeschmolzen in einem nahe gelegenen Stahlwerk.

Offenbar hatten die Diebe die fußballgroße Stahlkugel mit dem Cäsium-137 im Kern zuvor an einen Schrotthändler weiterverkauft. Aus Angst vor radioaktiver Verstrahlung wurde das Stahlwerk am Mittwoch geschlossen. „Einer der Hochöfen und etwas Schlacke wurde kontaminiert“, erklärte der zuständige Offizielle Wang Jinxuan dem „Shanghai Daily“. Insgesamt sei an drei Stellen radioaktive Strahlung festgestellt worden.

Bei Cäsium-137, das auf Baustellen für Bodenuntersuchungen und beim Bau von Pipelines eingesetzt wird, handelt es sich nach Angaben chinesischer Staatsmedien um „potenziell tödliches“ radioaktives Material. Wenn Menschen ungeschützt damit in Kontakt kommen, können sie an Leukämie erkranken. Ebenso kann es zu Störungen im Erbgut kommen. Und der Kontakt mit Wasser führe zur Explosion, warnten die Staatsmedien.

Die offenbar kaum geschützte Stahlkugel war am 6. Februar aus einem Lager der Baufirma verschwunden. In einer Großfahndung, an der Anti-Chemiewaffen-Einheiten der Armee mit Geigerzählern teilnahmen, wurde nach dem radioaktiven Material gesucht. Im lokalen Fernsehen und in den Zeitungen wurden die Diebe aufgefordert, die Stahlkugel „auf keinen Fall zu öffnen“. Allerdings verlief die Suchaktion der chinesischen Behörden eher unprofessionell. Ein „verdächtiges Objekt“, das in einer trockenen Quelle gefunden wurde, stellte sich später als eine tote Henne heraus. Am Ende wurden drei Bauern als Tatverdächtige festgenommen.

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf Chinas laxen Umgang mit radioaktivem Material. Die Cäsium-Kugel wurde bereits seit den Achtzigern nicht mehr eingesetzt. Für den Bau von Atombomben war das Material ungeeignet. Experten fürchten jedoch, dass Terroristen radioaktive Substanzen für so genannte „schmutzige Bomben“ verwenden könnten.

Harald Maass[Peking]

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