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Bernd Lucke will künftig nur noch eine Person an der Spitze der haben.

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Update

Aufstand gegen Bernd Lucke: Vorstand der AfD will Alleingang stoppen - Henkel beschimpft Adam

AfD-Chef Lucke will durchsetzen, dass es künftig nur noch einen Parteivorsitzenden gibt statt wie bisher drei. Die anderen Mitglieder im Bundesvorstand wollen das nicht hinnehmen - und rebellieren. Vorstand-Vize Hans-Olaf Henkel beklagt die Kakophonie der letzten Wochen.

Von Michael Schmidt

Führende Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD) haben Vorstandssprecher Bernd Lucke aufgefordert, seine Pläne für eine Ein-Mann-Parteispitze zu begraben. Das geht aus einem internen Schreiben an Lucke hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Darin drücken vor dem Bundesparteitag Ende Januar in Bremen die Vorstandsmitglieder Konrad Adam, Alexander Gauland und Frauke Petry, NRW-Landeschef Marcus Pretzell und die Europaabgeordnete Beatrix von Storch ihre Verärgerung über Luckes „Alleingang“ aus. Bislang teilt sich dieser den Vorsitz mit Adam und Petry.

Lucke - das bekannteste Gesicht der AfD - hatte am 26. Dezember gegen den Willen von Petry und Adam zu einer Kreisvorsitzendenkonferenz in Frankfurt am Main eingeladen. Dort will er über die in Bremen angestrebte Satzungsänderung sprechen. „Der eine oder andere mag sich fragen, was als nächstes statt durch Überzeugung mit Drohung gegen die Mitglieder durchgesetzt wird“, heißt es in dem Brief an Lucke.

Henkel: Modell mit drei Sprechern hat sich "nachhaltig nicht bewährt"

AfD-Vorstands-Vize Hans-Olaf Henkel dagegen stellte sich demonstrativ hinter die Alleinführungs-Pläne von Parteichef Lucke. „Ich bin es leid, dass die Partei immer wieder ein so schlechtes Bild in der Öffentlichkeit abgibt, weil die drei Sprecher Gegensätzliches von sich geben“, sagte Henkel dem Tagesspiegel. Dieses Modell habe sich „nachhaltig nicht bewährt“. „Die Kakophonie der letzten Wochen liefert den Beweis dafür, dass Lucke richtig liegt“, sagte Henkel. Kein Orchester werde von drei Dirigenten geleitet, kein Fußballverein von drei Cheftrainern. Geht es nach Henkel, sollte der Parteitag zwei Dinge, „und zwar unabhängig voneinander“, entscheiden: die Frage, ob man nur einen Verantwortlichen wolle, und die Frage, wer das sein könnte. Bei der Gelegenheit könne dann auch Parteifreundin und Mitunterzeichnerein eines Protestbriefes an Lucke, Frauke Petry, erklären, warum die AfD in 15 von 16 Landesverbänden mit einem Vorsitzenden auskomme – unter anderem in dem von ihr geführten in Sachsen –, ihr das auf Bundesebene aber als unzumutbar erscheine.

In einer internen E-Mail beschimpft Adam und fordert diesen zum Rücktritt auf. „Ich hoffe, der letzte Akt wird bald aufgeführt und Sie treten von der Bühne“, schrieb Henkel Ende des Jahres an Adam, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet.

Dieser sei von Ehrgeiz zerfressen und versuche mit „immer größerer Energie“, Parteichef Lucke ein Bein zu stellen. Doch könne Adam Lucke „nicht im Entferntesten“ das Wasser reichen. „Sie sind total von der Rolle und merken es offensichtlich nicht einmal“, schreibt Henkel demnach weiter.

Zulauf von Menschen mit Überfremdungsängsten

In dem Schreiben drücken die Unterzeichner außerdem ihre Genugtuung darüber aus, dass die Partei Zulauf von Menschen mit Überfremdungsängsten erhalten hat: „Es sind Menschen, die Zuwanderung nicht allein nach wirtschaftlichen Notwendigkeiten, sondern auch im Sinne einer kulturellen Verträglichkeit gesteuert sehen möchten. Es sind Menschen, die eine islamische Überfremdung fürchten.“  Lucke will die Satzung so ändern lassen, dass es künftig nur noch einen Parteivorsitzenden gibt. Die Autoren des Briefes lehnen das ab.

Sie fordern ihn auf, sich in der Öffentlichkeit künftig auf die Themen EU-Strukturreform und Euro-Rettungspolitik zu konzentrieren. Außenpolitische Themen, die Frage der Zuwanderung und Bürgerrechtsfragen solle er besser anderen, „gleichberechtigten Repräsentanten“ in der Parteispitze überlassen.

Konrad Adam (l.), Frauke Petry und Bernd Lucke haben derzeit den Vorsitz der AfD inne.
Konrad Adam (l.), Frauke Petry und Bernd Lucke haben derzeit den Vorsitz der AfD inne.

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Auch außerhalb der Führungsriege regt sich Widerstand

Die Einladung an die Kreisvorsitzenden, Bezirksvorsitzenden und Landesvorsitzenden der AfD hatte Lucke gemeinsam mit Gustav Greve, einem der vier Beisitzer im Bundesvorstand, verschickt. Darin heißt es: „Wir glauben, dass es im Interesse eines erfolgreichen Bundesparteitags wichtig ist, die Verantwortungsträger der Partei rechtzeitig über anstehende Entscheidungen und Prozesse zu informieren und uns über Ihre Einschätzung der Lage und der Entwicklung der AfD auszutauschen.“ Die Unterzeichner des Protest-Schreibens fordern nun ein klärendes Gespräch in Frankfurt kurz vor der Kreisvorsitzendenkonferenz. Sollte sich Lucke dem Prinzip der Teamarbeit verschließen, könne leicht der Eindruck entstehen, bei der Konferenz solle nicht über die neue Satzung diskutiert werden, sondern die Funktionsträger der AfD sollten „auf Linie gebracht“ werden, warnen sie.

Auch außerhalb der Führungsriege regt sich Widerstand. Allein zur Tagesordnung des Parteitags gingen Dutzende von Änderungsanträgen ein. Unter anderem wird bemängelt, dass Lucke vor der Abstimmung über die Satzung eine „persönliche Erklärung“ abgeben will.  Luckes Einladung nach Frankfurt hatte auch bei Parteimitgliedern unterhalb der Führungsebene für Verwunderung gesorgt. Eines fragte in der Berliner Parteizentrale an: „Handelt es sich hierbei um eine offizielle Veranstaltung des AfD Bundesverbandes?“ Die Antwort, die er von Vorstandsmitglied Adam erhielt, offenbart, wie tief der Riss in der Führung inzwischen ist. Adam schrieb: „Bernd Lucke hat allein, ohne Rücksprache und ohne Zustimmung mit uns, gehandelt.“ (mit dpa)

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