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Mit Handschlag. Trotz einiger Differenzen zwischen Bundesregierung und EZB begegneten sich Wolfgang Schäuble und Mario Draghi in Potsdam mehr als nur diplomatisch.

© Reuters

Auszeichnung in Potsdam: Freundliche Worte für EZB-Chef Draghi

EZB-Chef Mario Draghi hat am Donnerstagabend in Potsdam eine Auszeichnung entgegengenommen. Zu den Rednern gehörte Finanzminister Wolfgang Schäuble. Angesichts der Auseinandersetzung über den Ankauf von Staatsanleihen keine leichte Aufgabe.

Wolfgang Schäuble ist sichtlich entspannt. Am Ende eines denkwürdigen Tages, an dem die Europäische Zentralbank (EZB) ein unbegrenztes Programm zum Ankauf von Staatsanleihen kriselnder Euro-Staaten beschlossen hat, ist er nach Potsdam gekommen. Er soll hier die Hauptrede bei der Verleihung des Medienpreises „M100“ halten, ein Preis, den vor zwei Jahren der dänische Karikaturist Kurt Westergaard erhalten hatte. In diesem Jahr ist der Preisträger ausgerechnet Mario Draghi, Chef der EZB, der wegen seiner Verdienste bei der Lösung der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise ausgezeichnet wird. Und am Ende dieses wichtigen Tages in der Geschichte des Euro wird sehr schnell deutlich, dass Schäuble bester Stimmung ist. „All as we agreed“ – „alles so, wie wir es vereinbart haben“ – sagt er freundlich zur Begrüßung des Italieners. Und Draghi gibt liebenswürdig zurück: „Absolutely.“

Dabei steht Schäuble an diesem Abend vor einer schwierigen Aufgabe. Nachdem er noch 24 Stunden zuvor die EZB massiv vor einer Finanzierung der Staatsverschuldung gewarnt hat, muss er jetzt in der Orangerie im Potsdamer Park Sanssouci das Loblied auf eben jenen Mann singen, der in den Augen vieler Deutscher gerade die Schleusen für die Schuldenbekämpfung über die Notenpresse geöffnet hat. Also windet sich der Finanzminister vor dem Auditorium im Raffaelsaal, das unter den Kopien des italienischen Renaissancekünstlers inmitten von schwarz-grünem Marmor Platz genommen hat. „Ich muss ja darauf achten, dass ich viele Dinge nicht sage heute Abend“, sagt der Finanzminister schmunzelnd und stellt klar, dass nicht er die Laudatio halten werde, sondern der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Paul Achleitner, und Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo. Wenn er vorher gewusst hätte, dass die Verleihung des Preises an Draghi auf den Tag der EZB-Entscheidung fallen würde, hätte er es sich „wahrscheinlich nochmal überlegt“ mit der Rede, sagt Schäuble.

Aber natürlich ist das nur ein Scherz, denn auch wenn sich der Finanzminister zunächst auf unverfängliches Terrain begibt und von der Geschichte der europäischen Einigung erzählt, wird doch schnell klar, dass er an diesem Abend gern dabei ist. Ähnlich wie Draghi, der nach den Worten Schäubles nicht zuletzt wegen seiner Arbeit als Chef des Forums für Finanzstabilität am Sitz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel ein „idealer Preisträger“ ist, fühlt sich auch der Finanzminister als Überzeugungs-Europäer. Seine Botschaft an diesem Abend in Potsdam: Die Europäer seien im 21. Jahrhundert im Zeitalter der Globalisierung zur Bedeutungslosigkeit verurteilt, wenn es ihnen nicht gelinge, ihre Union „Schritt für Schritt“ weiterzuentwickeln. Dass die Eurozone auseinanderfallen könnte, weist er zurück. „Dieser Euro ist und bleibt eine stabile Währung, die nicht auseinanderbrechen wird“, sagt er. „Alle, die darauf wetten, werden ihr Geld verlieren“, prophezeit Schäuble.

Draghi spart in seiner Dankesrede auch nicht mit Lob für Schäuble, den er zum maßgeblichen Kreis der europäischen Entscheidungsträger rechnet. Mit dem Namen Schäubles, sagt Draghi, sei der Wunsch verbunden, „Europa weiter zu denken“ – vier Worte, die Draghi ganz bewusst auf Deutsch sagt.

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